Die Gemeinde Locarno hat am Samstag zum traditionellen Empfang mit Bundespräsident Moritz Leuenberger geladen. Nicht nur auserwählte Gäste waren diesmal willkommen, sondern die ganze Bevölkerung. Bei bedecktem Himmel hielt Leuenberger im Castello Visconteo eine launige Rede zum Thema «Die Sonne von Locarno». Er sprach vom Tessin als der Sonnenstube der Schweiz, die von den Deutschschweizern vor allem wegen der Sonne geliebt werde.
Aber Leuenberger liess es nicht bei touristischen Komplimenten an das Tessin bewenden, sondern sieht noch ganz andere Vorzüge im Süden der Schweiz. Wegen ihrer Situation als sprachliche Minderheit seien die Tessiner ganz besonders befähigt zum Dialog, weil sie sich gegenüber den Deutschschweizern und den Romands - nicht nur sprachlich - anpassen müssten. «Wer in einer sprachlichen Minderheit aufwächst, muss weitere Sprachen erlernen, wenn er verstanden werden will», sagte Leuenberger.
Nicht zufällig finde der wichtigste Filmanlass der Schweiz im Tessin, wo der «Geist des Dialoges» zu Hause sei, statt. Hier herrsche «kulturelle Offenheit», hier werde «die kulturelle Verständigung» gepflegt. Im Kalten Krieg habe das Festival «ein Fenster nach Osten» geöffnet und Filme aus Osteuropa und aus der Sowjetunion gezeigt. Heute seien etwa Filme aus Palästina, Israel und dem Libanon zu sehen. Das seien Zeichen für einen Dialog und zum Frieden. «Was haben wir denn im Nahostkonflikt für eine andere Hoffnung als den Dialog? Keine!», rief der Bundespräsident aus.
Sonntag
06.08.2006