Wer als Anbieter von Mobiltelefonie punkten will, muss vor allem gute Verbindungen beispielsweise in Tunnels, Bahnen oder Gebäuden sowie günstige Tarife anbieten. Hochwertige Handys mit allen möglichen Extras wie Kamera, Kompass, Lärmmessgerät, Taschenlampe und Radio sowie ein aufwändiger Kundendienst sind hingegen weniger gefragt. Dies hat eine europaweite Untersuchung der IT-Beratungsfirma Capgemini und der Wirtschaftshochschule INSEAD (Singapore) ergeben. 44% der Mobiltelefonierer würden beispielsweise für niedrigere Verbindungspreise auf erweiterte Handyfunktionen verzichteten. 40% würden auf Online-Rechnung umsteigen und 36% einen reinen Internetvertrieb akzeptieren. Sogar 79% meinen, dass sie bei niedrigeren Preisen genau so viel mobil zu telefonieren würden wie übers Festnetz. Etwa die Hälfte würde sogar ganz auf die Telefonsteckdose in den eigenen vier Wänden verzichten. Die beiden Firmen befragten für ihre Untersuchung 1216 Handybenutzer in Frankreich, Schweden, Grossbritannien und Italien.
«Die Anbieter sind zu sehr darauf bedacht, ihren Konkurrenten über Funktionen wie MMS oder Unified Messaging Marktanteile abzuringen und vernachlässigen dabei den simplen Wunsch der Kunden nach günstigen Verbindungspreisen», erläutert Susanne Söffge, Vice President Telecom, Media & Entertainment bei Capgemini. Besonders kleinere Mobilfunkanbieter versuchen, den jeweiligen Marktführer in möglichst vielen Punkten nachzuahmen, anstatt sich durch neue Angebote abzugrenzen. «Nur einer der Mobilfunkanbieter in unserer Studie hat ein klares Signal gesetzt: Er bietet seinen Kunden Mobiltelefonie zu einem geringen Preis und verzichtet im Gegenzug auf hochwertige Handys im Angebot oder einen aufwändigen Kundendienst», kritisert Susanne Söffge die Branche.
«Durch eine Konzentration auf den Kundennutzen, wie beispielsweise durch den Verzicht auf teure Shopflächen und statt dessen dem reinen Internetvertrieb können auch kleinere Anbieter den Platzhirschen Marktanteile abspenstig machen und dabei höchst profitabel sein.» Das Angebot im Mobilfunkmarkt ist nach wie vor stark von den Möglichkeiten der Technik geprägt - Innovationen, die die Marktdynamik verändern, müssen jedoch auch in andere Dimensionen des Nutzungsverhaltens vordringen. Erfolgreiche Beispiele für diese Art von Innovationen in anderen Industriezweigen sind der Computerhersteller Dell, Möbelmitnahmemärkte wie Ikea oder die Low-Cost-Airlines. Mobilfunkanbieter sind gerade erst dabei, diese Dimensionen zu entdecken.
Dienstag
09.11.2004