Einen knappen Monat vor dem Start von 13 Lidl-Discount-Filialen in der deutschen Schweiz hat der holländische Vorstand Robin Goudsblom in einem am Montag publizierten Interview mit «Spiegel Online» zugegeben, der Konzern habe in der Vergangenheit «grosse Fehler» gemacht. In Sachen Umweltschutz und Umgang mit den Angestellten gelobte er aber Besserung: «Daraus haben wir gelernt und versuchen, uns in Zukunft besser zu präsentieren», sagt er.
Dabei helfen sollen die Aarauer Werbeagentur Baldinger & Baldinger sowie die Münchner PR-Agentur WBPR. Laut dem Werbeleiter hat Lidl im Sinn, sich «mit charmantem Hallo» in der Schweiz zu melden und nicht mit einer aggressiven Kampagne übers Land zu fahren. Darum sei nur in der Nähe der Filialen ein bescheidener Auftritt geplant sowie eine wöchentliche Streuwurfsendung mit den neuesten Angeboten, ähnlich wie dies die Konkurrenten Aldi und Denner machen. Für die Mediaplanung ist Mediaxis in Schlieren bei Zürich zuständig.
Zum «leisen» Auftritt hat sich Lidl offenbar entschlossen, nachdem in einem sogenannten «Schwarzbuch» im Jahr 2004 schwere Vorwürfe an die Adresse von Lidl wegen des Umgangs mit Mitarbeitenden erhoben wurden. Hinzu kam 2008 ein Spitzelskandal, als bekannt wurde, dass der mit knapp 30 Milliarden Euro Gesamtumsatz grösste Discounter Europas seine Angestellten systematisch überwachen und bis ins Privatleben hinein bespitzeln liess. Der Konzern musste dafür eine Geldstrafe von etwas über eine Millionen Euro zahlen. Heute werden laut Goudsblom alle Überstunden der Angestellten bezahlt, und die Löhne seien übertariflich.
Im Weiteren hob Goudsblom die Rolle von Lidl in Sachen Umweltschutz hervor. So habe der Konzern den Rotbarsch aus dem Angebot genommen, als er von Greenpeace darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass dieser Fisch zu den am stärksten bedrohten Fischsorten der Welt gehöre - «obwohl er der zweitstärkste Artikel beim Umsatz in diesem Bereich war», wie Goudsblom betont. Bio habe heute «einen festen Platz im Sortiment», unterstreicht er weiter und gibt sich zum Schluss versöhnlich: «Wir sind keine perfekte Firma. Auch wir müssen noch viel verbessern, vor allem, was die Transparenz und den Umgang mit Mitarbeitern angeht. Aber das Thema steht bei uns ganz oben auf der Tagesordnung.» - Siehe auch: Lidl lanciert Werbekampagne gegen Vertrauensverlust und Provinzposse um Lidl-kritischen Zeitungsartikel
Montag
23.02.2009