Die nach den 68er-Unruhen in Paris vom Philosophen Jean-Paul Sartre gegründete Tageszeitung «Libération» legt sich mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy an. Chefredaktor Laurent Joffrin hat am Montag eine Entschuldigung des Élysée-Palastes für falsche Dementis und vom Sprecher der Sarkozy-Partei UMP ein «excusez-moi» für die Beleidigung seines Blattes verlangt.
Hintergrund der ungewöhnlichen Forderung ist die sogenannte «Zapatero-Affäre, die das kritische Blatt in der vergangenen Woche losgetreten hat und in der Sarkozy als Gernegross dasteht, der sich über seine Kollegen lustig macht. US-Präsident Barack Obama sei von «subtilem Verstand», habe aber nie ein Ministerium geleitet, sagte er vor Abgeordneten. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei wegen der Finanzkrise gezwungen gewesen, auf seine eigene wirtschaftspolitische Linie einzuschwenken. Und zur Krönung: Der spanische Ministerpräsident José Luis Zapatero sei «vielleicht nicht sehr intelligent».
Der Elysée-Palast, der mit Stellungnahmen zu heiklen Themen stets knausert, dementierte umgehend und pauschal, ohne Einzelfragen abzuwarten. Nach Einschätzung der «Libé» liessen sich die Medien mit dem Dementi abspeisen, um ein unbequemes Thema fallen lassen zu können. Fakt ist, dass die gelinde gesagt undiplomatisch anmutenden Äusserungen weder vom regierungsnahen «Le Figaro» noch von der renommierten Zeitung «Le Monde» aufgegriffen wurden.
Gegenüber der AP bestätigten Sitzungsteilnehmer die Aussagen von Sarkozy über Obama und Merkel. Mit dem Kommentar über Zapatero habe er eigentlich die französischen Sozialisten ärgern wollen, hiess es, denn deren Expräsidentschaftskandidat Lionel Jospin solle zwar sehr intelligent sein, so Sarkozy demnach in der Sitzung, habe aber trotzdem keine Wahl gewonnen. Während Sarkozys Büro am Dementi festhält, bestätigte Aussenminister Bernard Kouchner am Montag im Radio France Info den Zapatero-Lapsus. «Es sei ein Scherz gewesen», meinte er entschuldigend.
In Spanien ist der Witz nicht gut angekommen. Selbst konservative Medien in Madrid schäumen vor Wut. Die Zeitung «ABC» bescheinigt Sarkozy einen «Selbstüberschätzungskomplex» und macht sich über die «50 Zentimeter hohen Absätze» lustig, mit denen der Franzose seinen kleinen Wuchs kompensieren wolle. Der Staatsbesuch, zu dem Sarkozy am kommenden Montag nach Madrid aufbricht, erhält vor dem Hintergrund eine pikante Note. - Vom Umgang von Sarkozy mit den Medien: Kein Applaus für «Sarkozy-Show» im Fernsehen, Sarkozy zieht gegen Voodoo-Puppe vor Gericht und Bundesrat und Sarkozy im Clinch um TV5 Monde
Montag
20.04.2009