Nach Strafmassnahmen der russischen Behörden steht die letzte legale regierungskritische Zeitung Tschetscheniens vor dem Aus. Die Druckerei habe auf Druck von oben die Arbeit mit der Zeitung eingestellt, sagte Chefredaktor Timur Alijew. Die Behörden hätten ihm nach Berichten über Korruption und Entführungen vorgeworfen, seine Zeitung sei regierungsfeindlich, sagte der Chefredaktor der offiziell registrierten Wochenzeitung «Tschetschenskoje Obschtschestwo» («Tschetschenische Gesellschaft») am Dienstag.
Alijew macht sich wenig Hoffnung, im Nordkaukasus eine andere Druckerei zu finden, die zur Zusammenarbeit bereit ist. «In der tschetschenischen Führung ist niemand bereit, uns zu unterstützten», teilte Alijew am Telefon mit. Die Wochenzeitung erschien zum bislang letzten Mal am 6. Juli in einer Auflage von 3000 Exemplaren. Die Redaktion hat ihren Sitz in der Hauptstadt der an Tschetschenien angrenzenden Teilrepublik Inguschetien, Nasran.
Die russische Staatsführung behindert seit Jahren eine unabhängige Berichterstattung aus dem Konfliktgebiet. Weder russische noch ausländische Journalisten dürfen ohne offizielle Genehmigung der Moskauer Sicherheitsministerien nach Tschetschenien reisen. Wer sich im Konfliktgebiet vor der Präsidentenwahl am 29. August jenseits der Kreml-Propaganda informieren will, liest illegal vertriebene Zeitungen wie «Itschkerija» («Tschetschenien») oder «Mechkel» («Volksgericht»).
Dienstag
03.08.2004