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Sonntag
03.10.2004

Für ihr Buch «Untersuchung zur Lage der chinesischen Bauern» ist am Samstagabend das chinesische Ehepaar Chen Guidi und Wu Chuntao in Berlin an einer Gala mit dem Reportage-Preis Lettre Ulysses Award ausgezeichnet worden. Das 2003 in Peking veröffentlichte Buch sei die erste umfassende Untersuchung zur Lage der 900 Millionen chinesischen Bauern, schreibt die Jury zur Preisvergabe. «Über das Leben dieser Menschen weiss man im Westen fast nichts. Das Buch beschreibt Probleme von Despotie, Willkür, Korruption, vor Mord nicht zurückschreckender Gewalt und Rechtlosigkeit sowie ungerechte Besteuerungspraktiken, unter der grosse Teile der Landbevölkerung zu leiden haben.» Das Buch zeige, wie die forcierte Industrialisierung Chinas auf Kosten der Bauern stattfinde. Mehrere Millionen Bücher sind in China bereits verkauft worden. Dann wurde es auf Weisung der Behörden aus dem Vertrieb staatlicher Buchhandlungen genommen. Gegen das Autoren-Ehepaar läuft ein Prozess.

Der Hauptpreis des «Lettre Ulysses Award» ist mit 50 000 Euro dotiert, insgesamt standen für alle Preise 100 000 Euro zur Verfügung. Die Auszeichnung wurde 2003 ins Leben gerufen, in Zusammenarbeit mit der Aventis Foundation und dem Goethe-Institut. Mit dem Preis soll die internationale Aufmerksamkeit auf hervorragende Literatur gelenkt und den Autoren finanzielle, moralische und symbolische Unterstützung gegeben werden, heisst in einer Mitteilung vom Samstagabend. Die Jury ist aus Autoren verschiedener Länder zusammengesetzt. Ein internationles Beratungskomitee, unter anderen mit Nobelpreisgewinner Günter Grass, dem polnischen Schriftsteller Ryszard Kapuscinski, dem französischen Anthropologen Jean Malaurie, und dem indischen Schriftsteller Nirmal Verma, unterstützt die Jury.

Der zweite Preis ging an Tracy Kidder aus den USA für ihre Reportage «Mountains Beyond Mountains» (New York 2003). Kidder begleitete den Anthropologen und Mediziner Paul Farmer nach Haiti, Peru und Russland. Die Auszeichnung ist mit 30 000 Euro dotiert. Den dritten Preis erhielt Daniel Bergner (USA) für «Soldiers of Light» (London 2004). Die Jury: «Daniel Bergner montiert Aufnahmen aus dem Bürgerkrieg von Sierra Leone zu einem Spiegellabyrinth des Grauens.» Dieser Preis ist mit 20 000 Euro dotiert.