Der Bündner Reporter Carl Just (52) hat am Donnerstag vor dem Zürcher Arbeitsgericht in einem Vergleich mit dem Ringier-Verlag erreicht, dass er unter dem Titel Genugtuung und Schadenersatz eine nicht genannte Summe erhält. Bei dem Prozess ging es letztlich um die Frage, wie weit die Verantwortung eines Auftraggebers geht, wenn er einen Arbeit- oder Auftragnehmer in psychisch strapazierende Situationen bringt. Denn Just hat während 20 Jahren von Kriegsschauplätzen rund um die Welt vor allem für die «Schweizer Illustrierte» und den «SonntagsBlick» und dessen Magazin berichtet. Aus dem Gerichtssaal berichtet Daniel Bouhafs für den Klein Report.
Heute leidet Carl Just an posttraumatischen Belastungsstörungen - ein Syndrom, das bisher vor allem von Polizisten, Feuerwehrleuten, Rettungssanitätern und Angehörigen ähnlicher Berufe bekannt ist. Die Krankheit äussert sich vor allem durch Zukunftsängste und schubartige Panikattacken.
Vom Ringier-Verlag erhielt Just auf Ende Juli 2007 eine Änderungskündigung. Diese Kündigung focht Just als missbräuchlich an, weil er krank sei und zwar wegen seiner Arbeit als Kriegsberichterstatter. Darauf wollte der Ringier-Verlag indes nicht eingehen, weshalb es zur Verhandlung vor dem Arbeitsgericht kam, wo Just einen Betrag von einer Viertelmillion Franken verlangte.
Davon wollte Ringiers Presseanwalt Matthias Schwaibold vor Gericht allerdings nichts wissen. Carl Just sei stets freiwillig an die Kriegsschauplätze gefahren, niemand habe ihn dorthin geschickt. Und grundsätzlich: «Kriegsreporter gibt es bei Ringier gar nicht.» Just habe schon seit Jahren ein Alkoholproblem, sei immer wieder abgestürzt, während Tagen untergetaucht und habe gebuchte Flüge einfach sausen lassen. Ringier sei schliesslich keine Therapiestation, sagte Schwaibold. Auch die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung wollte er nicht gelten lassen: «Just hat das Internet so lange abgegrast, bis er eine richtige Diagnose gefunden hat», versuchte er dem Gericht in seiner 90-minütigen Rede weiszumachen.
«Es ging mir um eine Rehabilitierung, und unter diesem Stichwort bin ich einigermassen zufrieden», sagte Carl Just nach der Unterzeichnung des Vergleichs gegenüber dem Klein Report. Am wichtigsten sei es ihm aber gewesen, das Thema der posttraumatischen Belastungsstörungen zu lancieren, so wie er es am Vorabend des Prozesses in der TV-Sendung «Rundschau» getan hatte. Es sei jetzt öffentlich geworden, welchen Belastungen man als Journalist in Krisengebieten ausgesetzt sei. Persönlich wolle er weiterhin als Journalist arbeiten, wenn auch auf anderen Gebieten. Immerhin hatte Just im Jahr 2002 den Ringier-Journalistenpreis für sein Lebenswerk erhalten - ein weiteres Indiz für die Widersprüchlichkeiten des Verlagshauses.
Donnerstag
04.09.2008