Die Politologin Dr. Regula Stämpfli analysiert für den Klein Report den Abstimmungssonntag sowie die Kommentare von Journalisten, Meinungsforschern und Regierung.
Ihr Fazit: Die Stimmenden haben die Polarisierung satt. Eine Polarisierung, die offenbar Experten, Medien und Politiker weiter pushen wollen.
In Zeiten von «Trumpism», der politischen Polarisierung, die alle Menschen in ideologische Klickmaschinen umwandelt, verlieren Polit-Profis immer mehr das Augenmass. Die Korrespondentin der «Süddeutschen Zeitung» (12. Februar 2022) – der TX-Group mittels Kooperation eng verbunden – behauptet mit dem Politologen Adrian Vatter, dass «nur noch finanz- und zahlungskräftige Organisationen» das Sammeln von Unterschriften leisten könnten und «die Menge an Abstimmungen» die «Einheimischen nerven» würde.
Mit Verlaub, woher kommen derart absurde Interpretationen? Überhaupt scheinen sich die Schweizer Politologen darauf zu kaprizieren, den Medien Fiktionen statt Empirie zu liefern: In voller Verkennung der Lage behauptet Lukas Golder vom Meinungsforschungsinstitut GfS, es seien vor allem regierungskritische Kräfte gewesen, die an den letzten Abstimmungen teilgenommen hätten. Auch hier widersprechen die Zahlen: Laut Bundesamt von Statistik ist der Abwärtstrend der Beteiligung wieder gestiegen und pendelt sich auf 46 Prozent ein, mit extremen Ausschlägen wie im November bei der Pflegeinitiative und dem Covid-Gesetz mit über 65 Prozent.
Am Sonntag, 13. Februar waren 44 Prozent dabei. Daraus in der NZZ mittels Politologen im Lead ein «Gehen Regierungskritiker häufiger an die Urne?» zu machen, ist faktenfreie Spekulation, die nur einem Ziel dient: Die Polarisierung, die an der Urne nicht feststellbar ist, weiter aufrecht zu erhalten.
Der Sonntag zeigte ein realitätsnahes Stimmvolk, das neoliberale Attacken (Stempelsteuer) ebenso verwirft wie korporatistische Gängeleien (Mediengesetz). Darüber hinaus sagte das Stimmvolk ganz klar Ja zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (Tabak-Werbeverbot). Und zum Tierwohl: Ja, aber nicht derart radikal. Mehr Mitte, Konkordanz und Ausgewogenheit gehen eigentlich nicht.
Deshalb: Es ist höchste Zeit, dass diese auf Klicks, Empörung sowie Zahlenfiktionen orientierten Diskurse einer Wirklichkeitsnähe weichen. Der letzte Sonntag zeigte: Die Konkordanz-Schweiz lebt und handelt dementsprechend – allen Umfragen und Journalisten wie Polterpolitikern zum Trotz.