Hinterher ist mancher klüger, das gilt auch für Medien: Daniel Okrent, Ombudsmann der «New York Times», kritisierte in einem Kommentar, die Zeitung habe sich von Kriegstreibern vor den Karren spannen lassen. Vor Ausbruch des Irak-Krieges habe sich die «New York Times» von Informanten missbrauchen lassen, die aus eigenem Interesse den Krieg gewollt hätten. Viele Informationen seien fehlerhaft gewesen und völlig unangemessen mit marktschreierischen Schlagzeilen auf der Front verkauft worden. Okrent warf der Zeitung «kollektives Versagen» vor. Schuld an der schlechten und fehlerhaften Berichterstattung hätten nicht einzelne Reporter. Vielmehr habe das ganze System bis hinauf in die Redaktionsspitze versagt.
Aber: Auch nach Kriegsbeginn, als man nicht mehr nur auf anonyme Regierungsquellen zurückgreifen musste, habe sie ihren schlechten Journalismusstil fortgesetzt. Die «New York Times» habe nach Exklusivgeschichten gefiebert, und genau das habe es Reportern in Washington und Bagdad ermöglicht, die allgemein gültigen Regeln unter anderem zur Sorgfaltspflicht zu vernachlässigen. Von einigen Fehlern hätte die Leserschaft bis heute nichts erfahren - Scoops, die sich später als Enten herausstellten, seien nie berichtigt worden. Ein Fazit zieht der Ombudsmann: Journalisten sollen in Zukunft ihre Quelle nennen, falls sich herausstellt, dass diese falsche Informationen verbreitet habe. Mehr dazu: «New York Times» selbstkritisch über Irak-Berichterstattung
Montag
31.05.2004