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Samstag
02.04.2011

Der Zürcher Medienkonzern Tamedia kommt unter Druck: Der starke Schweizerische Gewerbeverband (SGV) hat Tamedia wegen massiv überhöhter Inseratetarife bei der Wettbewerbskommission (Weko) eingeklagt. Der offensichtliche Missbrauch der Marktmacht zeigt sich nach der Fusion zweier Gratistageszeitungen in der Romandie.

Seit der Fusion von «20 minutes» und «Le Matin Bleu» werden mittelständische Unternehmen (KMUs) durch den Medienkonzern bei Printinseraten zur Kasse gebeten. «Die Inseratetarife im übriggebliebenen Blatt `20 minutes` stiegen im Jahr 2010 um satte 45 Prozent; im laufenden Jahr wurden sie nochmals um zehn Prozent erhöht», teilt der Gewerbeverband mit, der unter anderen den Fall eines Garagisten zitiert, der im August 2010 bei der Gratiszeitung «20 minutes» ein viertelseitiges Inserat für eine Septemberaktion aufgeben wollte. Er habe an einen Irrtum geglaubt, so der Garagist, das Inserat hätte ihn fast die Hälfte mehr als vor einem Jahr gekostet - bei gleicher Grösse und Platzierung. Nicht viel besser erging es einer kleinen Werbeagentur aus Morges, die für eine Anzeige im Pendlerblatt 45 Prozent mehr hätte zahlen sollen. «Beide mussten verzichten - und beschwerten sich bei ihren Branchenverbänden über die Nepp-Praktiken», so der Gewerbeverband. Danach landeten die Klagen beim Verband.

Für den SGV ein Bilderbuchfall, der sich für jeden Unterricht an einer Hochschule eignen würde. «Dies gilt nicht nur für den angezeigten Kartellrechtsverstoss (Preismissbrauch) durch Tamedia, sondern auch für den in den letzten Jahren beschrittenen Weg des Zürcher Verlagshauses zu einem schweizweit marktbeherrschenden Unternehmen», so der Wirtschaftsverband.

Für den Schweizerischen Gewerbeverband sind derartige Preissprünge ein klarer Missbrauch der dominierenden Marktstellung des «Tages-Anzeiger»-Imperiums bei den Westschweizer Gratispendlerzeitungen. Die Anwälte des Verbandes weisen denn auch darauf hin, dass gemäss dem Befund der Wettbewerbskommission der Zürcher Tamedia-Konzern «nach der Übernahme der Edipresse in diesem Bereich marktbeherrschend» ist.

«Während Grosskunden dank Mengenrabatten und anderen Vorteilen viel bessere Konditionen für ihre Anzeigen erhalten, müssen die kleineren Inserenten diese überrissenen Preise schlucken, sofern sie sich diese überhaupt leisten können», sagt Gewerbeverbandspräsident Bruno Zuppiger. «Jetzt muss die Weko diese marktbeherrschende Stellung und den Preismissbrauch unter die Lupe nehmen», fordert der SVP-Nationalrat.

Deshalb habe der SGV diese Woche bei der Weko in Bern beantragt, gegen den Zürcher Medienriesen Tamedia eine Untersuchung wegen Verstössen gegen das Kartellgesetz einzuleiten. Er verlangt, alle notwendigen Massnahmen einzuleiten, um die nicht länger hinnehmbaren Wettbewerbsbeeinträchtigungen im Anzeigenmarkt zu beseitigen.