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Dienstag
03.01.2012

Auch 2011 haben Schweizer Filme keine Bäume ausgerissen: Das war im Jahr, als Bundesfilmchef Nicolas Bideau abtrat und durch Ivo Kummer, einen veritablen, Solothurn-erprobten Kinokenner, ersetzt wurde, nicht zu erwarten. Kleine Erfolge in der Masse der Hollywood-Mega-Produktionen und der starken europäischen Filme sind entsprechend hoch einzustufen.

Der Schweizer Dokumentarfilm ist weiterhin stark, der Spielfilm hingegen schwächelt wie bis anhin. Da ist man als Beobachter froh, wenn überhaupt eine Produktion herausragt und ein breites Publikum findet. Das ist dem harten Sozialdrama «Der Verdingbub» von Markus Imboden mit etwa 200 000 Besuchern bis Ende 2011 gelungen.

Klingelnde Kassen sind ein wichtiger Punkt, aber es gibt auch andere. Rolf Breiner, Filmexperte des Klein Reports, hat seine ganz persönliche Hitliste 2011 aufgestellt - unabhängig von Frequenzen und Preisen.

Die Tops und Flops 2011:

Tops - internationale Spielfilme:

1. «Cheyenne - This Must Be the Place»: Sean Penn als abgetakelter Rockstar on the road ist eine Wucht. Dazu grandiose Bilder und Musikakzente von Talking Heads. Das muss man gesehen haben, vielleicht sogar zweimal.

2. «The King`s Speech»: Schauspielerische und sprachliche Höchstleistungen, Oscar-gekrönt. Mit exzellenten Dialogen zwischen Colin Firth und Geoffrey Rush. Ein Kammerspiel-Highlight.

3. «La piel que habito - Die Haut, in der ich wohne»: Das Beste von Pedro Almodóvar seit Langem - mit Antonio Banderas als rachsüchtigem Schönheitschirurgen. Spannend bis zur letzten Pore.

Tops - Schweizer Spielfilme 2011:

1. «Der Verdingbub»: Kein leichtes Thema, das dennoch ein breites Publikum anspricht und anlockt. Sehens- und denkwürdig. Markus Imboden sei Dank.

2. «Der Sandmann»: Witzig, amüsant und sehr erfrischend mit Frölein Da Capo alias Irene Brügger. Eine abseitige Groteske - schweizerisch ungewohnt.

3. «Giochi d`estate»: Leiden und lieben während eines kurzen Sommers in der Toskana. Konflikte zwischen den Generationen. Bisher kein Publikumserfolg, aber ein Film von internationalem Zuschnitt.

Tops - Schweizer Dokumentarfilme 2011:

1. «Die grosse Erbschaft»: Ein persönliches Stück Vergangenheit und Familiengeschichte der Brüder Dubini. Ein witziger und fundierter Beitrag zur Tessiner Sozial- und Fremdengeschichte.

2. «Die Kinder vom Napf»: Die Autorin und Filmerin Alice Schmid beschreibt unbeschwert und beherzt Kinderalltag im Luzerner Napfgebiet aus Kindersicht. Heile reale Welt.

3. «Vol spécial»: Ein Schweizer Immigranten-Camp im Welschland. Dabei nimmt Fernand Melgar eine sehr einseitige Position für seine Protagonisten ein. Viele Fragen bleiben ausgeklammert. Gleichwohl ein beachteter Diskussionsbeitrag.

Flops 2011:

1. «Manipulation»: Eröffnungsfilm an den Solothurner Filmtagen 2011 - und danach wenig Resonanz. Ein interessanter Politthriller, der trotz grosser Besetzung (Klaus Maria Brandauer, Sebastian Koch) ins Leere lief.

2. «Liebling, lass uns scheiden»: Wieder eine flache Komödie mit Marco Rima. Nein, danke!

3. «One Way Trip»: Schweizer Horror-Waldtrip in 3D mit einer miss-geschminkten Melanie Winiger. Zum Weggucken.