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Donnerstag
14.08.2014

TV / Radio

Nachdem «3096 Tage» im letzten Jahr im In- und Ausland im Kino lief, kommt die bedrückende Geschichte von Natascha Kampusch und ihrem Peiniger Wolfgang Priklopil am Mittwochabend erstmals im deutschen Fernsehen, und zwar in der ARD um 22.45 Uhr.

Im Alter von zehn Jahren wurde Kampusch von Priklopil auf dem Schulweg entführt. Bis zu ihrem 18. Lebensjahr konnte sie nicht entkommen. Regie führte bei «3096 Tage», so lange dauerte die schreckliche Odysee von Kampusch, die gebürtige US-Amerikanerin Sherry Hormann («Wüstenblume», «Bella Block», «Der Kriminalist»), die seit vielen Jahren in Deutschland lebt und arbeitet. Sie hielt sich straff an Kampuschs autorisierte Biografie.

Ursprünglich bearbeitete das Drehbuch Bernd Eichinger, der allerdings vor dessen Fertigstellung starb. Autorin Ruth Toma und Journalist Peter Reichard schrieben es schliesslich zu Ende.

Trotz der Dramatik bleibt «3096 Tage» kühl und distanziert; der Film skandalisiert das Geschehene nicht. Es gab schliesslich genug medialen Aufruhr um Natascha Kampusch, kein Grund, noch einen draufzusetzen.

Szenen, die Kampuschs Vergewaltigungen andeuten, gibt es zwar - aber sie sind kurz, sie werden nicht ausgeschlachtet. Stattdessen fungieren sie als Puzzlestücke des gesamten physischen wie psychischen Missbrauchs.

Die nüchterne Erzählhaltung ermöglicht stattdessen den Blick auf die komplexe Beziehung zwischen Kampusch und ihrem Entführer. Einerseits rasiert Priklopil der jungen Frau sogar die Haare, um ihr auch die letzte Möglichkeit zur Selbstbestimmung zu nehmen.

Andererseits sieht der Zuschauer die beiden im gemeinsamen Skiurlaub - eine der Freiheiten, die der Entführer seiner Gefangenen lässt. Postwendend folgt zwar ein Fluchtversuch, doch dieser scheitert: Auch in Freiheit ist Kampusch also gefangen.

Zeitgleich wird die Situation im Keller immer angespannter, Priklopil zunehmend brutaler, Kampusch hilfloser. Erst nach acht Jahren gelingt ihr schliesslich die Flucht. Priklopil begeht Selbstmord.

Sicherlich liefert Kampuschs schriftliche Biografie mehr detaillierte Antworten - zum Beispiel auf die Frage, warum sie nicht früher fliehen konnte. Dem Film kommt zugute, dass er das unglaubliche Schicksal visualisiert, ohne in einen Skandal oder in falsche Mitleidsbekundungen abzudriften.