In Kenia ist die Polizei massiv gegen die zweitgrösste Mediengruppe Standard vorgegangen. Bei einer Razzia schalteten bewaffnete Polizisten in der Nacht zum Donnerstag einen Fernsehsender ab und zerstörten eine Druckerpresse. Ein Polizeisprecher erklärte in Nairobi, die nationale Sicherheit sei in Gefahr gewesen. Beim Einsatz sei es um die Sicherung von Beweisen für den Vorwurf gegangen, Journalisten hätten Geld dafür erhalten, um mit einer Artikelserie für Unruhe zu sorgen.
Die Polizei drang mit Gewehren in die Büros ein und beschlagnahmte Computer und weiteres Material. Der Polizeisprecher bestritt Angaben von Augenzeugen, dass sie dabei auch die aktuelle Ausgabe der Zeitung «The Standard» verbrannten. Das unabhängige Blatt gibt es seit 104 Jahren. Am Dienstag waren drei Journalisten der Zeitung wegen eines Artikels festgenommen worden, in dem sie über ein angebliches Geheimtreffen zwischen Präsident Mwai Kibaki und dem früheren Minister Kalonzo Musyoka berichtet hatten. Der ehemalige Umweltminister habe sich dabei bereit erklärt, den Posten des Vizepräsidenten zu übernehmen.
Der jetzige Vizepräsident Moody Awori steht wegen eines Korruptionsskandals unter Druck. Musyoka war im Streit über die neue kenianische Verfassung entlassen worden. Die Regierung und Musyoka bestreiten, sich getroffen zu haben. Die drei Journalisten wurden am Donnerstag wegen «Veröffentlichung eines falschen Gerüchts zum Schüren von öffentlicher Panik» angeklagt. Gegen eine Kaution von 50 000 Schilling (900 Franken) kamen sie auf freien Fuss. Ihr Prozess wurde für den 21. April angesetzt. Falls sie für schuldig befunden werden, drohen ihnen bis zu drei Jahre Haft.
Der bei der Razzia abgeschaltete Fernsehsender Kenya Television Network (KTN) nahm unterdessen seine Arbeit wieder auf. Nach mehrstündiger Unterbrechung werde seit Donnerstagnachmittag wieder gesendet, sagte ein Mitarbeiter der Mediengruppe. Auch seien Arbeiter dabei, die von der Polizei zerstörte Druckerpresse zu reparieren. Wenn alles gut gehe, könne das Traditionsblatt am Freitag wie gewohnt erscheinen. Siehe auch: Pressefreiheit in Afrika Thema an IPI-Weltkongress
Donnerstag
02.03.2006