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Dienstag
05.12.2006

Auf Druck des deutschen Kartellamts hat der TV-Konzern ProSiebenSat.1 seine Verschlüsselungspläne für das
digitale Satellitenfernsehen aufgegeben. Damit müssen künftig die Sat.1-Zuschauer nicht extra zahlen, im Gegensatz zu RTL. Das Kartellamt habe in den gleichartigen Plänen von RTL und ProSiebenSat.1 eine verbotene Kartellabsprache gesehen und eine Abmahnung angedroht, wie die Kartellbehörde und ProSiebenSat.1 am Dienstag bekannt gaben. Die Verschlüsselung von Sat.1, ProSieben, Kabel 1 und N24 hätte über den Satellitenbetreiber SES Astra erfolgen sollen.

Während Konkurrent RTL bereits einen Vertrag mit SES Astra abgeschlossen hat, der die Grundverschlüsselung der digitalen Programme der RTL-Senderfamilie ab 2007 vorsieht, wollte Konkurrent ProSiebenSat.1 noch abwarten, wie die Kartellwächter entscheiden würden. Für die Entschlüsselung der RTL-Sender wolle Astra ab dem nächsten Jahr eine Monatsgebühr von etwa 3,50 Euro verlangen. Zur RTL-Familie gehören RTL, Vox, RTL II, Super RTL, n-tv und RTL Shop.

Durch den Entscheid des Bundeskartellamts dürften auch die Schweizer TV-Kabelnetzbetreiber für die Verschlüsselung des Grundprogramms bei der Umstellung vom analogen aufs digitale TV in Argumentationsnotstand kommen. Diese rechtfertigen ihre umstrittene Grundverschlüsselung unter anderem damit, dass sie ohne Grundverschlüsselung verschlüsselte Fernsehsender nicht mehr zeigen könnten, da die Kabelnetzbetreiber den Programmveranstaltern zusichern müssten, den Kunden nur diejenigen Programme zugänglich zu machen, für die sie auch bezahlt hätten.

Diesem internationalen Trend könnten sich die Kabelnetzbetreiber nicht verschliessen, so ihr Argument. Ein Verbot der Grundverschlüsselung des digitalen Fernsehens, wie es die Berner SP-Ständerätin Simonetta Sommaruga im Parlament forderte, sei unrealistisch. Der Fall von ProSiebenSat.1 und RTL galt als Meilenstein auf dem Weg vom frei empfangbaren Fernsehen zum Bezahl-TV.

Als begrüssenswert beurteilte der Telekomfachmann Ralf Beyeler vom Internetvergleichsdienst Comparis den Druck der deutschen Kartellwächter. Damit falle eines der Hauptargumente der Kabelnetzbetreiber für die Verschlüsselung des Basisangebots weg.

Nach Meinung des stellvertretenden Weko-Direktors Patrik Ducrey seien zwingende Gründe nötig, um bei der Umstellung vom analogen aufs digitale TV die Verschlüsselung des Grundprogramms zu rechtfertigen. Mehreinnahmen für Kabelnetzbetreiber seien alleine kein zwingender Grund. Bei der Weko sei ein Vorverfahren zur Grundverschlüsselung hängig, das gegenwärtig aber sistiert sei. Bis klar sei, ob mit der laufenden Revision des Radio- und Fernsehgesetzes die Frage der Grundverschlüsselung gelöst werde, wolle die Weko nicht vorpreschen. Das neue Radio- und Fernsehgesetz soll am 1. April 2007 in Kraft treten. Die dazugehörige Verordnung dürfte im Januar vor den Bundesrat kommen.

Der grösste Kabelnetzbetreiber Cablecom hingegen hält die Situation in Deutschland mit der Schweiz für nicht vergleichbar. Die deutschen Kartellwächter hätten Vertikalabsprachen zwischen TV-Sendern und dem Satellitenbetreiber gestoppt. Laut Sprecherin Ariuscha Davatz habe Cablecom aber keine derartigen Absprachen mit dem Schweizer Fernsehen.