Mit einem «Überwachungs-Bilderreigen» macht die Digitale Gesellschaft mobil gegen das neue Büpf. Die Zeit drängt: Ende Juni ist die Referendumsfrist um, die benötigten Unterschriften sind jedoch «noch längst nicht beisammen», schreibt der Verein.
Im März hatte das Parlament nach über zweijähriger Beratung das revidierte «Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs» (Büpf) verabschiedet. Die Digitale Gesellschaft hatte zusammen mit anderen netzpolitischen Gruppierungen und einem bürgerlichen Unterstützungskomitee das Referendum ergriffen.
Der neue Büpf-Film «Keine Angst, wir haben den Täter» erzählt kurz und knackig die «tragikomische Geschichte» vom Ehepaar Müller, dem ein Rennvelo aus dem Keller gestohlen wird. «Kein Problem», meint daraufhin der Polizeibeamte, «wir haben alles aufgezeichnet».
Der Film nimmt die Überwachungslogik beim Wort und führt sie ad absurdum: Zuerst ob der technischen Möglichkeiten beeindruckt, werden Herr und Frau Müller Zeugen, wie der Polizist durch die Aufnahmen ihrer Computer-, Handy- und TV-Kameras spult. Eine intime Situation nach der anderen kommt zum Vorschein. Müllers anfängliche Verblüffung weicht peinlicher Berührtheit.
Und es kommt, wie es kommen muss: Zum Schluss ist der Täter tatsächlich zu sehen, aber nicht dingfest zu machen - sein Gesicht ist vermummt. Pointe im Claim: «Stopp Massenüberwachung».
Solche brisanten Fälle wie jüngst bei der Ruag mögen Wasser auf die Mühlen derjenigen sein, die blindlings nach mehr Überwachung rufen. Doch liegt der Zusammenhang nicht auf der Hand: Wenn die Cyber-Kriminellen ihre Methoden raffinieren, muss dann nicht auch die Überwachung im Telekombereich verfeinert werden?
Darauf angesprochen, meint Erik Schönenberger, Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft: «Eine wichtige Erkenntnis dünkt mich, dass es keinen verlässlichen Schutz gegen engagierte und versierte Angreifer gibt. Das Büpf zwingt die Provider (und neu auch noch deutlich mehr Anbieterinnen), die Bewegungs- und Kommunikationsmetadaten der Einwohner der Schweiz aufzuzeichnen.»
Heikel sei das besonders deshalb, weil «keine speziellen Bestimmungen zu Datenschutz (wie eine Löschpflicht, Speicherung nur im Inland, Benachrichtigung bei Dateneinbrüchen et cetera) und Datensicherheit vorgesehen sind - obwohl die Daten sehr sensibel sind und sich daraus detaillierte Profile erstellen lassen».
Die Digitale Gesellschaft kritisiert am totalrevidierten Büpf unter anderem, dass es Behörden den Einsatz von «Staatstrojanern» erlaubt, mit denen sie in fremde Computer eindringen und Überwachugnssoftware intallieren könnten, und dies selbst bei «Bagatelldelikten». «Risiken und Nutzen beim Einsatz von solcher Spionagesoftware stehen in keinem Verhältnis.»
Regie des Polit-Clips haben Arnold H. Bucher und Christian Wehrlin geführt, die Kamera Manuel Haefele. Als Schauspieler machten Sabine Fehr, Christoph Lanz, Nicolas Heini und Kaspar Weiss mit. Der Clip läuft seit Dienstagnachmittag auf Facebook, Vimeo und Youtube.