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Montag
22.11.2004

Auch wenn die Ergebnisse der jüngsten US-Präsidentschaftswahlen einen Rechtsruck ergeben haben, sehen die US-TV-Verantwortlichen keinen Anlass, ihre Programme mit moralisch properen Inhalten aufzupeppen. Eine am Montag von der «New York Times» (NYT) veröffentlichte Recherche ergab, dass die TV-Serie «Desperate Housewives» - nicht gerade ein Ausbund von Keuschheit - nach wie vor ausgezeichnete Nielsen-Ratings einfährt. Und auch die vor Blut triefende Serie «C.S.I.» erfreue sich hoher Beliebtheit bei den Zuschauern quer durch alle US-Staaten.

Für die meisten TV-Schaffenden bleiben die Ratingzahlen von Nielsen Media Research laut NYT die verlässlicheren Indikatoren für die Zuschauerwünsche. «Diese Zahlen sagen mehr aus über die Werteskala als im Zeitgeist zu finden ist», wird Dana Walden, Chefin von Twentieth Century Fox Television, einer der grössten TV-Produktionsfirmen, zitiert, die unter anderem Shows wie «The Simpsons» und «N.Y.P.D. Blue» poduziert. Wenn es denn wahr wäre, fragt die NYT weiter, dass die Vorlieben der US-Wähler in Richtung moralhaltiger TV-Programme gingen, so fragen sich andersherum die Network-CEOs, warum so viele Zuschauer sogar in Staaten, die als Bush-Bastionen gelten, ein von Sex durchtränktes TV-Drama wie «Desperate Housewives» guckten.

So zählt in Greater Alabama, wo 58% der Wähler den Republikanern die Stimme gaben, die erwähnte Show zu den Topsendungen. Herbert J. Gans, Soziologieprofessor an der Columbia University, hat eine simple Erklärung für die offensichtlichen Unterschiede zwischen der Wahl an der Urne und an der TV-Fernbedienung: «Die meisten Leute sagen sich: `Ich bin moralisch sauber`, deshalb kann ich mir auch die unmoralischste Sendung anschauen`».