Der Presserat hat am Dienstag eine Beschwerde des Allgemeinen Wirtschaftsdienstes (AWD) gegen den «K-Tipp» abgewiesen. Die Konsumentenzeitschrift habe in ihrem Artikel «Über den Tisch gezogen» vom 1. Dezember 2010 den Ansichten der AWD genügend Platz eingeräumt. Das Unternehmen hatte sich daran gestört, dass sie zwar zu den im Artikel geschildeten Fällen kontaktiert worden sei, jedoch keine Möglichkeit zum Gegenlesen des Artikels bekommen hatte.
Der zuständige Redaktor sei 2010 mit insgesamt fünf Anfragen zu Reklamationsfällen an AWD herangetreten. Bereits der Tonfall der Anfragen habe auf eine Voreingenommenheit des Journalisten hingewiesen. Trotzdem habe AWD gegenüber dem «K-Tipp» umfassend geantwortet. Im Gegensatz zu dieser offenen Kommunikation des Beschwerdeführers habe der «K-Tipp» den AWD weder über seinen Artikel informiert noch die Möglichkeit zur Stellungnahme oder zum Gegenlesen gewährt. Inhaltlich sei der Bericht tendenziös. Wie in jedem Unternehmen gebe es auch bei AWD unzufriedene Kunden. Von der im Artikel behaupteten Zunahme der Reklamationen könne aber keine Rede sein. Insbesondere lasse der Bericht unerwähnt, dass in drei von fünf Reklamationsfällen die Unzufriedenheit der Kunden entstand, weil diese es unterlassen hätten, den AWD oder die Versicherungsgesellschaft frühzeitig über Veränderungen ihrer persönlichen Situation zu informieren.
Die «K-Tipp»-Redaktion war dagegen der Ansicht, dass die im Bericht «Über den Tisch gezogen» dargelegten Sachverhalte weitgehend unbestritten seien, der Artikel in einem sachlichen Ton gehalten und der AWD angehört worden sei. Zudem gebe der Beschwerdeführer nicht einmal an, was von der Redaktion angeblich hätte richtiggestellt werden müssen.
Der Presserat unterstrich in seinem Urteil, dass die von «K-Tipp» mit einer Reihe von Beispielen untermauerte Kritik, die AWD-Berater seien mehr an ihren Provisionen als an den Interessen ihrer Kunden interessiert, schwer wiege. «Entsprechend tat die Konsumentenzeitschrift gut daran, zu den verschiedenen im beanstandeten Bericht enthaltenen Kundenreklamationen jeweils eine Stellungnahme der AWD einzuholen», so der Presserat. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei der Redaktionsleiter aber nicht verpflichtet gewesen, vor der Publikation des Artikels erneut eine Stellungnahme zu den bereits unterbreiteten Vorwürfen einzuholen oder dem Beschwerdeführer gar den ganzen Artikel vor der Publikation zum Gegenlesen zuzustellen.
Den kurzen AWD-Statements im Artikel sei zu entnehmen, dass das Unternehmen den Vorwurf einer schlechten Beratung zurückweise und in den Fällen, in denen effektiv Probleme auftraten, die Schuld dafür ihren Kunden zuweise. Unter diesen Umständen sah der Presserat keine Verletzung der Anhörungspflicht und lehnte die Beschwerde ab.