Die deutsche Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat am Freitag ihre Vorwürfe gegen den Privatfernsehsender RTL bestätigt. «Die Menschenwürdeverletzungen sind aufgrund der Art und Weise der journalistischen Darstellung festgestellt worden», betonte der KJM-Vorsitzende Professor Wolf-Dieter Ring am Freitag. Diese sei voyeuristisch und reisserisch gewesen.
RTL hatte im November 2004 in Magazin- und Nachrichtensendungen über Misshandlungen eines hilflosen, alten Mannes durch eine Pflegerin berichtet. Dabei seien z. B. in einer Magazinsendung im Rahmen eines dreieinhalb Minuten langen Beitrages 80 Sekunden lang Schläge, Beschimpfungen und das gewaltsame Füttern des Opfers deutlich gezeigt worden. In Programmtrailern für den Beitrag in der Sendung seien vor allem die Misshandlungsszenen herausgegriffen worden, was darauf hindeute, dass diese Szenen zur Befriedigung voyeuristischer Zuschauerinteressen ausgewählt wurden, unterstreicht die KJM.
Eine derart intensive und voyeuristische Schilderung von Misshandlungen, wie sie in den vier betroffenen Sendungen bildlich dokumentiert wurde, decke nicht das Berichterstattungsinteresse ab, begründete die KJM ihre Entscheidung, die durch das Verwaltungsgericht Hannover bestätigt worden sei. Das Gericht sehe das Opfer der Misshandlungen als «durch den Fernsehsender zum Zwecke der Berichterstattung verfügbar gemacht und durch die wiederholte Ausstrahlung seines Martyriums in der gewählten Form abermals in seiner Menschenwürde verletzt», heisst es in einer Gerichtsmitteilung zur Urteilsbegründung vom 7. Februar 2007.
RTL-Chefredaktor Peter Kloeppel stritt hingegen eine Verletzung der Menschenwürde ab, weil der alte Mann «nicht zum Objekt degradiert» worden sei, sondern als extremer Beispielfall für den Missbrauch pflegebedürftiger Personen gedient habe. «Gesellschaftliche Missstände«, so Kloeppel, «können nur dann den Zuschauern eindringlich nahegebracht werden, wenn sie auch bildlich dokumentiert werden dürfen.» - Siehe auch: Beleidigungen haben keinen Platz am Fernsehen
Freitag
16.02.2007