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Sonntag
04.09.2005

Weil er Ende November 2002 in einem offenen Brief geschrieben hatte, der Islam strebe die Weltherrschaft an, muss der jüdische Publizist Frank Lübke wegen des Vorwurfs der Rassendiskriminierung vor Bundesgericht. Lübke, Leiter des Zentrums gegen Antisemitismus und Verleumdung (DAVID) in Zürich, hatte den Brief nach den Attentaten von Kenia im November 2002 an den Bundesrat und das Parlament gerichtet. Darin verurteile er die Bombenanschläge und schrieb von «islamistisch- arabisch-palästinensischen Wahnsinns-Schlächtereien gegen die jüdisch-israelische Zivilbevölkerung». Ein Schweizer palästinensischer Herkunft reichte darauf Strafanzeige wegen Rassendiskriminierung ein und warf Lübke vor, im Brief die Moslems pauschal als minderwertige Menschen dargestellt zu haben.

Im Sommer 2004 wurde Lübke vom Bezirksgericht Zürich und im Mai 2005 auch vom Zürcher Obergericht umfassend freigesprochen. In einer Demokratie sei es zentral, begründete das Obergericht, dass Kritik auch in zugespitzter Form zulässig sei. Lübke habe zudem zwischen islamisch und islamistisch unterschieden - und damit nicht alle Moslems in einen Topf geworfen.

Der Zürcher Nationalrat Daniel Vischer (Grüne), Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, hat den Entscheid angefochten, wie er einen Artikel der «SonntagsZeitung» bestätigte. «Der Entscheid des Bundesgerichts wird Grundsatzcharakter haben», sagte Vischer. Es werde sich weisen, ob die Rassismus-Strafnorm für alle Volksgruppen gelte oder ob Muslime davon ausgeschlossen seien.