Die Namen der Führungscrew des internationalen Kanals von Al-Jazeera (nach anderer Schreibweise Al Dschasira) lese sich «wie ein kleines Who is Who einschlägig bekannter Profis, die ihre Erfahrungen von Sendern wie beispielsweise BBC oder CNN mitbringen», schrieb «Die Welt» am Mittwoch über den Sender aus Doha in Katar, der im kommenden Frühling an den Start gehen will. Al-Jazeera hat sich in der Vergangenheit einen ausgezeichneten Ruf als unabhängige und kritische TV-Station im arabischsprachigen Raum erworben. Jetzt wollen die Macher dieses Renommee auch auf Englisch und weltweit vermarkten.
Laut «Welt» ist Ex-BBC-Mann Nigel Parsons der Geschäftsführer, die Kreativdirektorin Morgan Almeida habe bereits bei CNN International die globale Designstrategie des Senders mitbeeinflusst. Nachrichtenchef Steve Clark habe sein Handwerk unter anderem bei ITN, Carlton und Sky News erlernt. Programmdirektor Paul Gibbs bringe seine Erfahrungen aus den Zeiten bei BBC und Discovery Channel ein, ähnlich wie der Technikdirektor Steve Jedowski oder Finanzchef Gary Napier, der bereits bei ABC, ITN und Channel 9 tätig gewesen sei. Auch die neue Nachrichtenfrau Elizabeth Filippouli vom griechischen Fernsehen ERT habe jahrelang für CNN gearbeitet. Nicht zu vergessen Sir David Frost, der sich in vielen Jahren bei der BBC einen geradezu legendären Ruf als Journalist und Interviewer erwarb.
Im arabischen Sender sieht man das Personal-Tableau nicht nur mit Wohlwollen. «Damit weckt man vielleicht das Vertrauen der westlichen Länder, möglicherweise führt das aber überhaupt zu einer Selbstzensur, um gefälliger zu werden», sagt ein Kritiker aus den eigenen Reihen. Geschäftsführer Parsons hofft dagegen auf Werbekunden aus Europa und den USA, die an «gut ausgebildeten Zuschauern mit eigenen Standpunkten» interessiert sind. Vorläufig kann Al-Jazeera allerdings keine Gewinne einfahren, weil die Saudis ein Werbeembargo über den Sender verhängt haben. - Mehr dazu: Starmoderator David Frost geht zu Al Dschasira, Al-Jazeera will ein «Weltsender» werden und Krieg der Worte bei Al-Jazeera
Mittwoch
14.12.2005