Es war wieder einmal einer jener Abende, an dem sich die Elite des Schweizer Fernsehens allein schon mit ihrer Anwesenheit feierte. Dabei waren es die Programmzeitschriften «TVStar» und «Tele» aus dem Axel-Springer-Verlag Schweiz, die das Forum dafür boten. Mit Mini-Limousinen wurden die illustren Gäste, die eine Einladungskarte vorweisen konnten, die wenigen Schritte vom Welti-Furrer-Parkhaus zum Event in die Zürcher Maag Event Hall am Freitagabend gefahren. Auf dem mit Baldachin überdachten Teppich wartete bereits die Journalistenmeute, Fotografen, Reporter, TV- und Radiostationen, um die ersten Statements einzufangen. Meistgestellte Frage: Wer gewinnt den «Schweizer Fernsehpreis» in den fünf Kategorien? Die wenigsten Tipper lagen daneben; zu offensichtlich waren die Namen der Nominierten.
Durch die glamouröse Gala führte die deutsche Fernsehmoderatorin Sonya Kraus. Sie gab sich von Anfang an Mühe, witzig zu sein und biederte sich bei den Schweizern an, konnte das Eis aber den ganzen Abend nicht brechen. Witzig hingegen die «Performance» der beiden Chefredaktoren Urs Padel («Tele») und Gion Stecher («TVStar»). Die «stritten» sich, wer zuerst redet.
Dem kurzen Dialog folgte wie von ihm gewohnt ein längerer Monolog des CEO der Axel Springer Schweiz AG. Ralph Büchi redete wie ein Maschinengewehr, erzählte ausführlich von guten Zahlen und dass er die nächsten drei Jahre für alle vier TV-Magazine des Hauses garantiere. Er bedankte sich bei Redaktion, Verlag, den Sponsoren, während rundherum an den Tischen bereits eifrig palavert wurde.
Dann endlich ging es in medias res. Höhepunkt der mit Filmeinspielungen der Nominierten gespickten Preisverleihung: der «Lifetime Award» für die 78-jährige Lilo Pulver, die Walo Lüönd und Walter Roderer natürlich ausstach. Die Bernerin zeigte erst auf der Leinwand während der launigen Rede von Laudator Max Sieber ihr weltberühmtes Lachen, als Sieber Anekdoten aus seiner einzigen Zusammenarbeit mit der Schweizer Diva erzählte.
Auch Sonya Kraus brachte Lilo beim Interview nach der Preisverleihung mehrmals zum Lachen. Diesmal hörte man es auch. Als Kraus die blonde Lady als zum Anbeissen süss bezeichnete, meinte eine blendend gelaunte Lilo, dann beiss doch zu und hielt ihr die Wange hin. Dass sie keine Filme mehr machen wolle, begründete Lilo Pulver damit, dass sie keine Lust habe, früh aufzustehen und Texte zu lernen. Im Übrigen solle man nicht alles glauben, was in den Medien über sie stehe. Der schönste Filmkuss sei der mit ihrem Mann Helmut Schmid in «Kohlhiesels Töchter» gewesen. Klar, dass Liselotte Pulver stehende Ovationen bekam.
In der Kategorie National schlug Sportmoderator Rainer Maria Salzgeber («das Salz in der Suppe von SF Sport», so die Begründung) die Konkurrenten Andrea Jansen («Bauer, ledig, sucht ...») und Nik Hartmann («SF bi de Lüt»). Der grösste Gag des Abends, den die meisten leider nicht mitbekamen, stammte vom schalkhaften Walliser. Der hatte bei der spassig gemeinten Laudatio von Imitator Fabian Unteregger provokativ die Lippen zusammengekniffen und seinen Ärger über den recht unwitzigen Beitrag des Mörgeli-Imitators demonstrativ gezeigt. Nach dessen Beitrag, der wenigstens mit einer Köbi-Kuhn-Parodie noch ein paar Lacher erntete, meinte Salzgeber cool zu Unteregger: «Sag mal, ist der Komiker schon da oder kommt er noch?»
Zur besten Fernsehsendung wurde erwartungsgemäss «Giacobbo/Müller - Late service public» gekürt. Die Jury-Begründung: «Selten hat sich eine SF-Sendung so schnell etabliert. Im Januar 2008 gestartet - und mit über einer halben Millionen Zuschauer schon heute nicht mehr aus dem Programm wegzudenken.» Das Duo schlug «Bauer, ledig, sucht ...» (3+) und «Nachtwach» (SF) aus dem Feld. Mike Müller war der lustige Überflieger des Abends. Seine träfen Sprüche, die von keinem Ghostwriter der Welt besser geschrieben worden wären, trafen ins Schwarze. Sein Scherz-Telefon mit dem angeblich in einer Kur weilenden Viktor Giacobbo und das Niedermachen desselben waren zum Tränenlachen.
Gewinner der Kategorie Film wurde der erst 18-jährige Joel Basman, der die Jury mit natürlicher Präsenz vor der Kamera und sicherem, ausdrucksstarkem Spiel überzeugt hatte. Bekannt wurde er mit einer Rolle in «Lüthi und Blanc» (2004 bis 2006). Seither drehte er sieben Kinofilme, wurde bei der diesjährigen Berlinale als europäischer Shootingstar vorgestellt und steht derzeit für die Verfilmung des «Sennentuntschi» vor der Kamera. Entdeckt wurde Basman beim Casting für «Mein Name ist Eugen». Mit Joel nominiert waren Roeland Wiesnekker («Dr. Psycho») und Joris Gratwohl («Lindenstrasse»).
«Talk täglich» des Zürcher Regional-TV-Senders Tele Züri gewann in der Kategorie «Regional». Den grössten Lacher hatte Sonya Kraus mit ihrer Aussprache des Namens von Hugo «Bischiii». Köstlich die Anekdoten von Bigi («Eine blinde Frau») und Markus Gilli («Der Lach-König, der nicht zum Lachen war») über ihre spannendsten und nervendsten Gäste. Das Tele-Züri-Flaggschiff setzte sich gegen die kecke Sendung «Sara machts» (Tele Tell, Tele M1, Tele Bärn) sowie «Moderatorin hinter Gittern» (Tele Südostschweiz) durch. Die Begründung der Jury: Wer auf dem heissen Stuhl Platz nimmt weiss, dass er oder sie Klartext reden muss - und am Schluss fühlen dem Gast auch die Zuschauer via Telefon auf den Zahn. So sei «Talk täglich» jeden Abend immer wieder anders, aber eines sicher nie: langweilig.
Eher langweilig war der als Highlight gedachte Auftritt von Baccara. Das spanische Damen-Doppel brachte halb Playback seine grössten Hits («Yes Sir, I Can Boogie», «Sorry, I`m A Lady»). Negativ am ganzen Abend: der an und für sich hervorragende spanische Weiss- und Rotwein. Leider wurden die Weine lauwarm serviert. Dafür kannten die Springers bei der After-Show-Party die volle Grosszügigkeit.
Samstag
06.09.2008