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Dienstag
16.11.2004

Der vorauseilende Gehorsam vieler Medien führt in die Irre: Grosse Werbung treibende Konzerne wollen ganz entgegen der Meinung vieler Verleger kein Einerlei und sind gegen die Programmpolitik der Fernsehsender und die neuen Magazine der Zeitschriftenverlage. Damit beklagen sich ausgerechnet die Firmen, von deren Geld die Verlage und Sender leben, berichtet die deutsche Ausgabe der «Financial Times» am Dienstag. Die Werbeauftraggeber befürchten, dass ihre Werbung nicht mehr ihr Publikum erreicht.

«Was wir beklagen, sind Me-too-Produkte und Plagiate, bei denen wir nicht mehr wissen, wo wir unseren Leser finden», sagte etwa Margret Buhse, die das Werbebudget des Beiersdorf-Konzerns verantwortet, kürzlich auf einer Fachtagung mit Blick auf die Zeitschriftenverlage. Ähnlich äussert sich Herbert Korrell, verantwortlich für das Werbebudget von Ferrero, über die Sender: «Was wir als Werbung Treibende wollen, ist Auswahl, und das heisst Vielfalt. Das Problem beim Fernsehen ist, dass wie im Zeitschriftenmarkt immer mehr Me-too-Produkte in den Markt kommen. Wenn ein Sender Erfolg mit einer Show hat, gehen zwei oder drei mit einer ähnlichen Show hinterher, das heisst, du hast dann auch in der Primetime keine Auswahl mehr.»

Die Grundsatzkritik der Werbekunden trifft die Medienunternehmen in einer Zeit, in der sich ohnehin viele Konzerne Gedanken machen, ob sie ihre Werbebudgets in Zukunft ganz anders verteilen sollen. Schon jetzt ist zu beobachten, dass viele Werbung Treibende zunehmend Geld an den Medien vorbei investieren: etwa in Sponsoringmassnahmen, Direktwerbung (zum Beispiel Werbebriefe), Veranstaltungen oder eigene Publikationen. Sowohl beim Fernsehen als auch im Zeitschriftenmarkt kann man die Abwärtsspirale längst beobachten. Die neuen Frauenzeitschriften etwa, mit denen sich die Verlage seit zwei Jahren in Verdrängungswettkämpfe stürzen, gewinnen ihre Leserinnen wie ihre Anzeigenkunden hauptsächlich über den Preis. Zuletzt hatte vergangene Woche der Bauer Verlag «Frau im Trend» für 30 Cent auf den Markt geworfen. «Bild der Frau, Frau von heute, Frau im Trend - ich habe den Überblick verloren», bekennt Buhse, «das ist nur noch ein Sport zwischen den Verlagen, sich den Markt kaputt zu machen.»