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Donnerstag
11.06.2009

Eine Aussperrung aus dem Internet verstösst gegen die Menschenrechte - mit dieser Begründung hat der französische Verfassungsrat ein erst im Mai verabschiedetes Gesetz gegen Raubkopierer für rechtswidrig erklärt. Kulturministerin Christine Albanel kündigte nach dem Spruch der «Verfassungsweisen» an, dass sie Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Premierminister François Fillon vorschlagen werde, das Gesetz entsprechend zu gestalten.

Das erst im zweiten Anlauf von der Nationalversammlung verabschiedete Gesetz führt eine neue Behörde ein, die Haute Autorité pour la Diffusion des Oeuvres et la Protection des Droits sur Internet, kurz Hadopi genannt. Wer illegal urheberrechtlich geschützte Musik oder Filme aus dem Internet herunterlädt, soll von dieser Behörde zunächst mit zwei E-Mails, dann per Einschreiben verwarnt werden. Danach kann die Behörde nach dem bisherigen Gesetzestext Netzsperren für die Dauer von zwei Monaten bis zu einem Jahr verhängen.

Der Verfassungsrat urteilte, dies sei eine so schwerwiegende Sanktion, dass sie nicht von einer Behörde, sondern allenfalls von einem Richter verhängt werden könne. Das Internet habe eine so hohe «Bedeutung für die Mitwirkung am demokratischen Leben und der Äusserung von Ideen und Meinungen», dass eine Netzsperre einen Verstoss gegen Artikel 11 der Menschenrechtserklärung von 1789 darstelle.

Während die Sozialistische Partei den Spruch des Verfassungsrats als Bestätigung für ihre Kritik an dem Gesetz werteten, sagte Franck Riester von der konservativen Regierungspartei UMP, dies ändere nichts an der eigentlichen Zielrichtung des Gesetzes. «Die Warn-E-Mails werden von Hadopi verschickt. Die letzte Entscheidung wird dann einfach von einem Richter ausgesprochen.»

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (ECO) begrüsste die Entscheidung des Verfassungsrats. Das französische Modell dürfe für Deutschland und Europa nicht zum Vorbild werden, erklärte am Donnerstag Vorstandsmitglied Oliver Süme. Der Verband, dem unter anderem zahlreiche Internetzugangsanbieter angeschlossen sind, forderte die Musik- und Filmbranche auf, «aus der Sackgasse einer immer schärferen Kriminalisierung von Urheberrechtsverletzungen auszubrechen und endlich neue Geschäfts- und Vergütungsmodelle für das Internetzeitalter zu entwickeln».