«Er erklärt uns das, was wir bereits wissen, so, dass wir es danach auch verstehen.» Mit diesen launigen Worten kündigte Medienforschungstag-Moderator Karl Lüönd am Dienstag den Hauptredner der Wemf-Show an: David Bosshart, CEO des Gottlieb-Duttweiler-Insituts. Ihm geht die Bezeichnung Trendforscher an die Nieren, und er tat genau das, was von ihm erwartet wurde. Brillant und ohne Pause redete er eine Stunde lang die Welt schön. Und die mediale, in der wir gerade leben, zeichnet sich dadurch aus, dass deren Bewohner Angst haben, nicht an den richtigen Kanälen angeschlossen zu sein. «Linking Value ist wichtiger geworden als Info Value», meinte der CEO und kam angesichts der medialen «Dauererregung» zum Befund, «dass wir unter kollektivem Alzheimer leiden, was aber den Vorteil hat, dass man immer wieder neue Leute kennen lernt.»
Fragmentierung ist das Zauberwort der Stunde. 1995, so Bosshart, brauchte es drei TV Spots um 80% der Frauen zwischen 18 und 49 Jahren zu erreichen. 1997 waren 97 Spots nötig, um die gleiche Zielgruppe anzusprechen. Was den Konsumenten heute wirklich erreiche, sei die Lustkommunikation und nicht die Produktivitätskommunikation. Bosshart dazu: «No Biz without Showbiz.» Eine Erfahrung, die sich Medien wie «Focus» oder die «SonntagsZeitung» bereits zu Nutze gemacht haben. Bosshart bezeichnete diese als «Lebenshilfe-Zeitungen und -Zeitschriften». Das hat Auswirkungen aufs Verhalten der Konsumenten (und auf die Märkte): «Die Bereitschaft zum Warten sinkt und reale Märkte verhalten sich immer mehr wie Finanzmärkte.» Echtzeit und Gleichzeitigkeit stünden heute im Mittelpunkt aller Kommunikation, dank Handy, E-Mail und anderen technologischen Entwicklungen. Dies habe zur Folge, dass mehr Komplexität und mehr Dynamik zu bewältigen seien. «Die Medien müssen heute immer mehr Anstrengungen unternehmen, um immer weniger Menschen anzusprechen», meinte der Trendguru. Aber Bosshart verheisst auch Hoffnung: «Intelligente Unterhaltung gewinnt.»
Dienstag
07.09.2004