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Sonntag
12.06.2005

Die Freilassung der französischen Journalistin Florence Aubenas hat in ihrer Heimat Jubel ausgelöst. Die Reporterin der Zeitung «Libération» und ihr Dolmetscher Hussein Hanun waren am 5. Januar entführt worden. Am Samstag kamen sie frei. Am Sonntag traf Aubenas mit einem Regierungsflugzeug in Paris ein. Präsident Jacques Chirac und Familienangehörige begrüssten sie am Militärflughafen Villacoublay. Die Journalistin lachte und wirkte gelöst, aber müde, als sie ihre Mutter umarmte. Das Komitee, das für die Freilassung der Geiseln eingetreten war, bereitete ein abendliches Freudenfest am Pariser Platz der Republik vor. Die «Libération» wollte die Freilassung am Montag mit 20 Sonderseiten feiern.

Aubenas und Hanun waren fünf Monate lang in Geiselhaft. Hanun kehrte am Sonntag zu seiner Familie im Bagdader Stadtviertel Dschadria zurück. «Ich habe die schlimmsten Tage meines Lebens durchlebt», sagte seine Ehefrau Suha, die vor Freude weinte. Auch Hanuns vier Kinder und seine Freunde konnten es kaum erwarten, ihn in die Arme zu nehmen, als er aus einem französischen Botschaftsfahrzeug ausstieg. Über die Umstände der Freilassung sowie über die Entführer und ihre Motive wurde auch am Sonntag nichts bekannt. Die ganze Zeit war darüber gerätselt worden, welche Forderungen die Entführer von Aubenas erheben könnten. Die Umstände der Freilassung von Aubenas waren zunächst unklar. Regierungsprecher Jean-Francois Copé erklärte, es sei kein Lösegeld gezahlt worden. Die 44-Jährige war zeitweise mit drei rumänischen Journalisten gemeinsam gefangen gehalten worden, die Ende Mai nach zwei Monaten Geiselhaft im Irak wieder freigekommen waren.

Die französische Regierung hatte die Freilassung von Aubenas am Sonntagvormittag bekanntgegeben. Präsident Chirac sagte etwas später in einer Fernsehansprache, das ganze Land freue sich über die Befreiung von Aubenas und Hanun. Chirac würdigte auch das Engagement der gesamten Presse für Aubenas. Die Mobilisierung im In- und Ausland und die Arbeit der Regierung hätten zu diesem Erfolg beigetragen. Doch man dürfe die anderen Geiseln nicht vergessen. Auch die irakische Regierung begrüsste die Freilassung der beiden. Die Vorsitzende des Unterstützungskomitees für die beiden Geiseln, Marie-Ange Rodeaud, sprach vom «schönsten Tag des Jahres». Der Generalsekretär der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF), Robert Ménard, nannte die Freilassung von Aubenas und Hanun «die schönste Sache, die passieren konnte».

Aubenas gilt als sehr gewissenhafte Journalistin mit langer Irak-Erfahrung und der Fähigkeit, «Leute zum Sprechen zu bringen». Die in Belgien geborene Tochter eines EU-Diplomaten und einer Filmkritikerin arbeitet seit 1986 für die linksliberale Pariser Zeitung «Libération». Sie berichtete aus vielen Konfliktgebieten, von Ruanda über das Kosovo bis Afghanistan. Aubenas schrieb Bücher über Ruanda und den Irak sowie - mit dem Philosophen Miguel Benasayag - über die Globalisierungskritiker und die Informationsverarbeitung in den Medien. Zu ihrer letzten Irak-Reise war Aubenas am 16. Dezember in Bagdad eingetroffen.