Der marokkanische Journalist Ali Lmrabet ist am Dienstag zu zehn Jahren Berufsverbot und umgerechnet 4500 Euro Geldstrafe wegen Verleumdung verurteilt worden. Die Organisation Reporter ohne Grenzen zeigt sich entsetzt: «Nie zuvor wurde in Marokko jemand für ein derartiges Delikt so schwer bestraft. Es ist offensichtlich, dass die marokkanischen Behörden Lmrabet zum Schweigen bringen wollen.» Dieser hatte erst kürzlich die Genehmigung für eine neue Zeitung erhalten. Das Urteil gebe Anlass zu grosser Sorge über die Zukunft der marokkanischen Medien, da es einen Präzedenzfall liefere, der gefährliche Konsequenzen für die Journalisten im Land haben könnte, erklärt Reporter ohne Grenzen weiter.
Lmrabet hatte im Januar dieses Jahres gegenüber der regionalen Wochenzeitung «Al-Moustakil» die Sahauris als Flüchtlinge nach UN-Kriterien bezeichnet. Die Sahauris fordern in ihrem von Marokko besetzten Heimatland Westsahara einen eigenen Staat. Während des Verfahrens gegen Lmrabet kam es nach Erkenntnissen von Reporter ohne Grenzen zu zahlreichen Unregelmässigkeiten. So durfte Lmrabets Anwalt kein Plädoyer halten, da Lmrabet nicht anwesend war. Dafür fehlt jedoch jegliche gesetzliche Grundlage. Ebenso wurden fünf Prozessbeobachter nicht zugelassen, unter ihnen unabhängige Journalisten und ein Vertreter von Amnesty International. Auch war die Klage laut Lmrabets Anwalt Jamai gar nicht zulässig: Eine Privatperson hatte Lmrabet wegen Verleumdung des Staates vor Gericht gebracht. Dies hätte aber nur ein Staatsanwalt anklagen dürfen. Jamai will in Berufung gehen.
Ali Lmrabet war als Herausgeber der Zeitungen «Demain Magazine» und «Douman» bereits im Mai 2003 zu vier Jahren Haft wegen Beleidigung des Königs verurteilt worden. Im Januar 2004 hatte König Mohammed VI ihn begnadigt. Reporter ohne Grenzen zeichnete Lmrabet im Dezember 2004 mit dem jährlichen Menschenrechtspreis der Organisation aus. Auf der Rangliste von Reporter ohne Grenzen zur weltweiten Situation der Pressefreiheit liegt Marokko auf Rang 126 von 167 untersuchten Ländern. Siehe auch Menschenrechtspreis von Reporter ohne Grenzen vergeben
Mittwoch
13.04.2005