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Sonntag
10.04.2005

Ein glückliches Ehepaar, Königin Elizabeth, die ihrem ältesten Sohn Prinz Charles nicht den Tag verdarb, der obligate Flitzer und eine gute bis solide Berichterstattung auf allen TV-Stationen. Die Hochzeit von Prinz Charles und Camilla Parker Bowles war das TV-Highlight am Samstag.

Natürlich schaute - oder besser gesagt hörte - der TV-Zuschauer bei SF 1 Mariano Tschuor genau zu. Denn nach seinem verbalen Aussetzer, als er Prinz Charles in der vergangenen Woche als «geilen Bock» bezeichnete, legten viele Zuschauer seine Worte auf die Goldwaage. Doch wie es scheint, war dies ein einmaliger Fauxpas – der Bündner machte seine Arbeit gut, und er war manchmal fast ein bisschen zu zurückhaltend. Er bildete zusammen mit dem wandelnden Royal-Lexikon und «Blick»-Autoren Andreas C. Englert ein gutes Paar. Auch wenn man sich manchmal noch einmal einen Andreas C. Englert vor Ort in Windsor gewünscht hätte. Denn Florian Inhauser, sicher ein kompetenter Korrespondent, fühlte sich auf dem Society-Parkett sichtlich unwohl, was den Zuschauer möglicherweise etwas ärgerte. Das gilt auch für die charmant lächelnde Nadja Zimmermann. Was die «Glanz und Gloria»-Moderatorin in London gemacht hat, war nicht ersichtlich. Ein weiterer Makel in der Berichterstattung von SF 1 war, dass die Verantwortlichen in Leutschenbach niemanden aufgeboten haben, der sich in der englischen Society auskennt. Und so wurde der Zuschauer auf SF 1 minutenlang mit den Trinkgewohnheiten der Royals gelangweilt oder mit unpassenden Bemerkungen von Englert wie «Der dunkle Mann kommt sicher aus Papua-Neuguinea» genervt, nur weil das Team die Gäste nicht kannte. Wenn man es nicht weiss, sollte man besser den Mund halten, meint der Klein Report.

Ganz anders einmal mehr die ARD. Die hatte nicht nur den Adels-Kenner und Autor vieler Royal-Filme Rolf Seelmann-Eggebert im Studio, sondern auch eine Society-Expertin, die dem TV-Zuschauer auch sagte, wer zu den 700 geladenen Gäste von Charles und Camilla gehörte. Wie Mr. Bean alias Rowan Atkinson mit Zylinder, der auch in der Kapelle seine Grimassen schnitt, oder der etwas missmutig scheinende Phil Collins - immerhin ein Wahlschweizer. Die ARD-Society-Expertin erkannte aber auch den Chef von Sotheby´s England oder den Chefredaktor der «Times». Das war erste Sahne. Genau das, was der TV-Zuschauer auch erwartet. Denn neben dem Brautpaar, Kleidern, Anzügen und Hüten sind die Namen der geladenen Gäste und ihre Beziehung zu Prinz Charles und Camilla das Salz in der Suppe.

Kompetent ging es in dieser Beziehung auch beim ORF 2 zu und her. Fürs Studio-Dekor haben die Österreicher ohnehin eine Goldmedaille verdient. Denn das Team sass in dicken dunklen Ledersesseln - wie wir sie aus einem englischen Wohnzimmer kennen. Eine Augenweide. Im Gegensatz zum eher nüchternen Studio von SF 1. Auch wusste man bei den meisten Sendern sofort, dass man sich bei der Hochzeit von Charles und Camilla befand. Bei der ARD war die Krone und die Einblendung «Charles & Camilla, live aus Windsor» zu sehen, bei ORF 2 sogar eine rotierende Krone und bei RTL last but not least die Einblendung «C&C Hochzeit in Windsor». Bei SF 1 gab es nur ein nüchternes «Live». Chance vergeben.

Alles in allem war es aber eine amüsante und spannende Berichterstattung. Und lang war sie obendrein, was dem TV-Zuschauer einiges an Sitzleder abverlangte. Wenn man jetzt abschliessend Noten für die Berichterstattung verteilen würde, hätte die ARD eine klare 6 verdient, ORF und SF 1 eine 5, RTL ebenfalls. Warum? Weil RTL die «Bunte»-Society-Expertin Marie (von) Waldburg aufgeboten hatte und ihre rauchigen Kommentare etwas vom Feinsten sind. Und weil RTL als einzige TV-Station den Flitzer im Bild hatte. Und das gehört einfach zu einer runden Berichterstattung aus Windsor.