Dass Studierende ihre eigenen (Print-)Medien herstellen und vertreiben, das gibts auf der ganzen Welt. Wenn aber an einer Eliteschule wie der Harvard University gleich ein Erotikmagazin erscheint, das zudem von zwei Frauen geleitet wird, wittern auch die US-Medien eine Story. Wie die Online-Ausgabe des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» am Mittwoch berichtet, zirkuliert seit einer Woche im Campus von Harvard die Zeitschrift «H-Bomb» - laut Editorial der beiden Chefredaktorinnen ein künstlerisches Forum für «hot minds» und «brilliant bodies».
Das Blatt enthält einen Mix aus erotischen Gedichten, Interviews mit Sexualforschern, eindeutigen Kurzgeschichten und nicht zuletzt Aktfotos von «echten» Harvard-Studenten und -Studentinnen. Die Hochschulleitung habe das Projekt nach langem Zögern finanziell unterstützt - die Fotos dürfen allerdings nicht auf dem Unigelände aufgenommen werden.
Immerhin, die Story von «H-Bomb» rief die Sender Fox und CNN auf den Plan, die breit darüber berichteten, und auch das auf Hardcore-Porno spezialisierte «Hustler»-Magazin fragte an. Die seriöseren Tageszeitungen hechelten angesichts der Aussicht auf Aktfotos von Harvardstudierenden zwar nicht ganz so offensichtlich - aber schmuggelten die saftige Nachricht doch ins Blatt und gaben ihr ein publizistisches Feigenblatt, indem sie spaltenlang darüber schrieben, ob dies die endgültige Zurückweisung der Political-Correctness-Welle darstelle.
Dabei sei «H-Bomb» vielleicht einfach Ausdruck von Frust mit dem Sozialleben im akademischen Olymp. Harvard-Soziologiestudenten hätten die Theorien darüber, warum es nicht so recht klappt mit der zwischengeschlechtlichen Annäherung, schneller parat als Exponenten der Frankfurter Schule. Aktuelle Favoriten: zu viel Arbeit, zu viele Egoisten, zu viele Perfektionisten, zu viele Freaks.
Mittwoch
09.06.2004