Nach 17 Jahren als Kommunikationschef der Kantonspolizei St. Gallen geht Hanspeter Krüsi in Frühpension – und spricht zum Klein Report über Leid, Loyalität und die Schattenseiten des Medienzeitalters.
Als Leiter Kommunikation der Kantonspolizei St. Gallen verabschiedet er sich Ende Oktober in die Frühpension, wie der Klein Report bereits berichtete. Der 62-Jährige, der als Gesicht und Stimme der Ostschweizer Polizei galt, blickt auf eine Karriere zwischen Blaulicht, «Breaking News» und menschlichen Abgründen zurück – und auf eine Medienwelt, die sich rasant verändert hat.
Flugzeugabstürze, Naturkatastrophen, Tötungsdelikte – Krüsi hat vieles erlebt. «Ein einzelnes Ereignis hervorzuheben, ist nicht möglich. Immer stehen Menschen im Zentrum. Man blickt manchmal in Abgründe, die man nicht für möglich gehalten hätte», so der Medienprofi zum Klein Report.
Trotz Nähe zu Leid und Tragik habe er gelernt, abzuschalten: «Das muss ich sogar. Man darf die Probleme anderer nicht an sich heranlassen.» Doch gewisse Bilder bleiben: «Ich erinnere mich an ein Tötungsdelikt. Nicht die tote Person hat mich belastet, sondern das Laufgitter in der Wohnung. Ein Kind war involviert – das geht mir bis heute nicht aus dem Kopf.»
Seit Krüsis Antritt hat sich die Medienarbeit fundamental verändert. Die Digitalisierung habe das Tempo drastisch erhöht. «Früher gab es einen Redaktionsschluss. Heute sind wir 24 Stunden pro Tag gefordert. Jeder Mensch besitzt einen eigenen Informationskanal.»
Besonders während der Corona-Zeit habe sich der Ton verschärft. «Viele Menschen vertrauten den Behörden nicht mehr. Der Respekt ist gesunken – auch gegenüber Polizei, Rettungskräften oder Lehrpersonen», sagt Krüsi zum Klein Report. Persönliche Anfeindungen habe er kaum erlebt, doch der gesellschaftliche Umgang sei rauer geworden.
Was gute Polizeikommunikation ausmacht? Krüsi zum Klein Report: «Offenheit und Ehrlichkeit – aber immer mit Augenmass. Transparenz ist wichtig, doch bei der Polizei nur bedingt möglich. Wir müssen Täter und Opfer schützen und taktische Überlegungen berücksichtigen.»
Seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger rät Krüsi: «Kommunikation ist immer eine Gratwanderung. Die meisten Probleme entstehen nicht durch Sachfragen, sondern durch schlechte Kommunikation – im Beruf wie zuhause.»
Ein Buch über Polizeiarbeit, wie es sein Zürcher Kollege Marco Cortesi geschrieben hat, wird es von ihm nicht geben. «Ich werde nie über einzelne Fälle schreiben. Das wäre respektlos gegenüber den Opfern und ihren Angehörigen.»
Stattdessen kehrt Krüsi nach der Pensionierung zu seinen Wurzeln zurück. «Früher war ich mit einem humoristischen Programm unterwegs. Das möchte ich wieder aufleben lassen – als Moderator oder Conférencier.»