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Dienstag
05.09.2006

Geht es um häusliche Gewalt, erhoffen sich Fachleute von den Medien eine aufklärende Wirkung. Medienschaffende hingegen befürchten insbesondere bei der Schilderung schwerer Fälle, Nachahmungstaten hervorzurufen. Dies geht aus der Studie «Beziehungsgeschichten. Massenkommunikation zu häuslicher Gewalt» hervor, welche die Stiftung Frauenhaus Zürich beim Institut für Angewandte Medienwissenschaft (IAM) an der Zürcher Hochschule Winterthur (ZHW) durchführen liess und am Dienstag veröffentlicht hat. Als Basis dienen der Studie zehn Interviews, die mit fünf Vertretern von Fachorganisationen und fünf Medienvertretern durchgeführt wurden.

Die Fachorganisationen sehen ihre Aufgabe laut dieser Studie vor allem in einer differenzierenden und kontrollierenden Funktion. Ihren Einfluss auf die Medien schätzen sie als gering ein - ausser, wenn sie für einen konkreten Beitrag angefragt werden. Sie stören sich daran, dass Medien häusliche Gewalt vor allem dann thematisieren, wenn ein Tötungsdelikt begangen wurde. Auch in der Art und Weise der Berichterstattung sehen die Fachpersonen eine Umgewichtung. Sie beanstanden die individualisierenden Erklärungen für Gewalttaten und die Vernachlässigung des gesellschaftlichen Kontextes. Die Aufgabe der Medien sehen die Fachpersonen vor allem darin, klar Position gegen häusliche Gewalt zu beziehen. Sie glauben, dass die Medien beim Wissen um die Form der häuslichen Gewalt und allfällige Interventionsmöglichkeiten einiges bewirken können.

Für die Medienschaffenden sind die Fachorganisationen vor allem Anlaufstellen, wenn aus aktuellem Anlass Fachwissen gefragt ist. Den von den Fachorganisationen beanstandeten boulevardisierenden Umgang mit dem Thema häusliche Gewalt erklären die Medienschaffenden mit Publikumserwartungen und Zeitnot. Die Medienschaffenden können sich durchaus vorstellen, dass ihre Berichterstattung zu häuslicher Gewalt eine Einstellungsveränderung bewirken kann. Allerdings ist die Sorge «auffallend gross» - wie es in der Studie heisst -, dass die Berichterstattung Nachahmungstaten auslösen könnte.