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Mittwoch
11.01.2006

Die Konzessionierung von Elevator TV ist nach dem European Business Channel in den 80er Jahren und TV3 aus dem Hause Tamedia in den Jahren 2000/2001 ein weiterer Versuch, einen nationalen TV-Sender neben den Stationen der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft zu etablieren. Der Klein Report hat sich in der Branche umgehört und Reaktionen gesammelt. Quintessenz: Alle drücken Elevator-Initiant Dominik Kaiser die Daumen und wünschen ihm nur das Beste, vor allem Professionalität und dass seine Geldgeber mehr Stehvermögen haben als beim Tamedia-Projekt.

Pierre Rothschild, Medienunternehmer aus Zürich, und Mitbegründer von Viva Schweiz, begann den Glückwunschreigen: «Ich wünsche Dominik Kaiser von Herzen Glück und Erfolg. Bei Elevator TV wird der Erfolg aber nicht von der anfänglichen Programmleistung abhängen, sondern einzig und allein von den Investoren, die hinter dem Projekt stehen. Es gibt kaum einen Privatsender, den man nicht zum Erfolg bringen kann, wenn man kräftig investiert. Das war auch bei RTL, Sat.1/Pro7 nötig. Ein Paradebeispiel ist Vox, dieser Sender ist heute ein grosser Erfolg, hat aber in der langen Startphase Unsummen verschlungen. TV3 wäre ein grosser Erfolg geworden, wenn die Initianten das (wohl etwas realistischere!) Budget für zehn Sendejahre von Anfang an eingeplant hätten. Wenn Viva (Schweiz) heute stabil und erfolgreich ist, so ist das nur dem damaligen Viva-Chef Dieter Gorny zu verdanken, der stets und immer an den Sender glaubte. So hoffe ich, dass Dominik Kaiser Partner hat, die das schwierige Geschäft verstehen und durchstehen.»

Auch Christian Gartmann von SevenOne Media gratuliert Dominik Kaiser zu seinem unternehmerischen Mut und zu seiner Hartnäckigkeit, im kleinen und vollkommen überregulierten Markt einen neuen Sender zu starten: «Seine Initiative kann dem staatlich beherrschten TV-Markt Schweiz nur gut tun», betonte er am Mittwoch gegenüber dem Klein Report: «Ich wünsche mir, dass Elevator alle diejenigen Lügen straft, die immer behaupten, die TV-Wiese Schweiz sei wegen der ausländischen Konkurrenz so vertrocknet, dass darauf keine Ziege satt wird.» Zwar habe kein Schweizer Zuschauer auf einen neuen Sender gewartet, aber wenn es Elevator gelinge, für die Schweiz attraktive Inhalte zu liefern, «hat der Sender die Chance, sich eine Nische im Zuschauermarkt zu erobern.» Um die anfänglich anfallenden Verluste zu tragen, brauche Kaiser «Investoren, die an den Markt glauben und auch durchhalten, wenn sich der Wind einmal gegen sie dreht», betonte er weiter. Elevator müsse «Fernsehen wie ein Handwerk betreiben», wenn es überleben wolle, sagte er weiter: «Jeden Tag einen guten Job machen und jeden Tag neu berechnen, was rentiert und was nicht.»

Markus Ehrle, Marketingdirektor Publimedia AG, unterstreicht, dass die Konzessionierung eine «Good News» sei, weil damit der Trend zur zunehmenden Fragmentierung des Fernsehkanäle und des TV-Konsums weiter untermauert werde. «Mit Ausnahme einiger ganz weniger etablierter Formate und im Umfeld von einmaligen TV-Grossereignissen wie Olympia oder Fussball-WM eignet sich die klassische TV-Werbung immer weniger für die effiziente Umsetzung von Reichweiten- und Kontaktstrategien», erläuterte er gegenüber dem Klein Report diese Aussage. Ausserdem würden der Preis-Leistungs-Druck sowie die Planung und Abwicklung von TV-Kampagnen mit immer neuen Angeboten und Kanälen komplexer und aufwändiger. «Mit weiteren Preissenkungen oder ganz einfach noch mehr Freespace-Angeboten dürfte sich dieses strukturelle Problem nicht so einfach lösen lassen, denn die Akzeptanz der TV-Zuschauer gegenüber einer Überdosis TV-Werbung befindet sich nach wie vor in einer Negativspirale», so Ehrle weiter.

Kurt Busslinger, Leiter Marketing Neue Medien bei der NZZ, zieht zum Vergleich Star TV heran, das sich «etabliert» zu haben scheine und damit zeige, dass neue Projekte durchaus Chancen hätten, auch wenn die beiden Stationen nur bedingt vergleichbar seien, «allerdings bei zunehmender Medien-Konkurrenz», warnt Busslinger. Die Internetnutzung wachse stark, die Attraktivität verschiedenster Bereiche wie Unterhaltung, Dokumentation und Informationen bekannter Medien-Sites gewinne im Web immer mehr an Bedeutung. Mit dem Anspruch als Unterhalter mit schweizerdeutschen Inhalten stelle sich die (Kosten-)Frage vom Anteil an Eigenleistungen/Einkauf von «Konserven», folgert Busslinger. «Und in welchen Kooperationen wird verbreitet/ausgestrahlt?», fragt er. Der TV-Konsum sei tendenziell eher rückläufig (vor allem bei den anvisierten jugendlichen Zielgruppen, die interaktive Medien bevorzugen. «Fernsehmachen ist bekanntlich teuer», betont er. «Grundsätzlich sei es prima und für viele inspirierend, dass die Lust und der Wagemut für neue Medien-Projekte (auch heikle im TV) da ist und entsprechende Angebote konzipiert, entwickelt und zur Realisation gebracht werden», unterstreicht er abschliessend.

Als Mediaprofi eher skeptisch ist Urs Schneider, Inhaber der erfolgreichen Mediaschneider AG: «Einen privaten nationalen TV Sender zu lancieren wird schwierig sein. TV-Werbung wird knallhart nach Fakten geplant und geschaltet. Ein Sender braucht grundsätzlich eine `kritische Masse` hinsichtlich Reichweite und Marktanteil, damit er für die Werbung relevant ist. Ob dies Elevator-TV innert nützlicher Zeit gelingt, ist fraglich. Insbesondere bei der anvisierten `jüngeren` Zielgruppe ist die Konkurrenz sehr stark. Wenn der Sender wie angekündigt nur wenige Sendungen selber produzieren will, wird es sich voraussichtlich um ein `Me-too-Programm` handeln. Der sogenannte USP `Unterhaltung mit schweizerdeutschen Inhalten` wird da auch nicht gross weiterhelfen. Man darf auf das angekündigte Programmschema gespannt sein. Vielleicht schafft es der Sender mit ein paar Highlights Zuschauer auf seine Seite zu bringen.»

Radio-105-Pionier Giuseppe Scaglione heisst Dominik Kaiser «willkommen im Club der (noch wenigen) sprachregionalen Veranstalter». Wie alle neuen Projekte in der Schweiz werde es auch sein TV-Sender nicht leicht haben und eine sehr lange Durststrecke durchstehen müssen, betont er. «Grundsätzlich ist es ja so, dass Moritz Leuenberger nur Projekte konzessioniert, von denen man ausgeht, dass sie im Markt keine Chance haben und der SRG nicht wehtun», sagt Scaglione. Das sei auch bei Radio 105 nicht anders gewesen. Trotzdem habe er alle überrascht und sei auch nach acht Jahren immer noch erfolgreich im Markt präsent. Scaglione abschliessend: «Ich wünsche Dominik Kaiser von Herzen viel Erfolg und Energie und vor allem eins: Dass auch ihm eine Überraschung gelingt!» Und Filippo Leutenegger, CEO der Jean Frey AG schliesst den Reigen mit den postiven Worten: «Ich finde dies ein ehrgeiziges Projekt, das durchaus eine Chance hat.»