Mit der Veröffentlichung von Akten der ehemaligen DDR-Staatssicherheit (Stasi) über den früheren Bundeskanzler Helmut Kohl am Osterwochenende hat die zuständige deutsche Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen den Medienschaffenden keine grosse Freude bereitet. Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbandes, kritisierte, die Unterlagen seien «völlig belanglos», weil die wichtigsten Passagen geschwärzt seien. Das entsprechende Gesetz müsse so geändert werden, dass die Akten für Journalisten umfangreich einsehbar seien.
Auch der Historiker Manfred Wilke vom Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin sagte laut dem deutschen Branchendienst Newsroom, aus Sicht eines Historikers wäre die komplette Herausgabe der Stasi-Akten des Alt-Bundeskanzlers wünschenswert gewesen. Der Wissenschaftler fügte hinzu, er könne aber auch einen «begründeten Persönlichkeitsschutz» akzeptieren. Kohl habe sich mit Recht dagegen zur Wehr gesetzt, dass der Bundestag bei der Aufklärung der CDU-Parteispendenaffäre die Stasi in Form der Akten «postum als Kronzeugen gegen Kohl aufruft».
Birthler unterstrich, bei dem Verfahren zur Veröffentlichung der Unterlagen sei es nicht um die Zustimmung Kohls gegangen. Vielmehr habe die Behörde dem früheren Bundeskanzler lediglich mitgeteilt, was sie herauszugeben beabsichtige. Hätte der Alt-Kanzler dagegen Einspruch eingelegt, hätte ihre Behörde eine nochmalige Prüfung vorgenommen. Sie sei jedoch nicht verpflichtet, solche Einwände zu akzeptieren. «Das war hier aber nicht erforderlich», fügte sie hinzu. Die betreffenden Unterlagen waren dem früheren Bundeskanzler laut Birthler zu Beginn des Jahres im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Benachrichtigungsverfahrens zur Einsicht vorgelegt worden. Seine daraufhin geäusserten Einwände gegen die Herausgabe seien am Mittwoch von Kohls Anwälten zurückgezogen worden. Birthler und Kohl hatten zuvor jahrelang um die Veröffentlichung der Akten gestritten.
Montag
28.03.2005