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Donnerstag
21.04.2005

Das Gebührensplitting im neuen Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) soll nicht nur Finanzlöcher stopfen, sondern auch die publizistische Leistung der Regionalfernsehsender verbessern. 2003 betrug deren kumulierter Verlust 20 Mio. Franken. Schuld an dieser schlechten Bilanz sind gemäss der am Donnerstag publizierten Prognos-Studie «Anbieterorientierte Analyse der Wirtschaftlichkeitschancen von Regional- und Lokalfernsehen» vor allem die «Strukturen in der kleinräumigen Schweiz». In ihrer Untersuchung haben die Autoren einen Strukturindex erstellt, der auf Kaufkraft, Wirtschaftsleistung und der Grösse des Verbreitungsgebiets basiert. Lediglich 5 Veranstalter erreichen die 100%-Marke: Tele Züri, Léman Bleu in Genf, Tele Basel, Tele Südostschweiz in Chur und Tele Ticino. Alle anderen Regionalfernsehveranstalter kämpfen gegen «teils erhebliche Strukturnachteile» wie zu kleine Verbreitungsgebiete, zu wenige Haushalte, zu wenig werbeintensive Dienstleistungsunternehmen im Verbreitungsgebiet usw.

Die Höhe des Verlustes hänge aber auch mit dem Aufwand zusammen, den die einzelnen Veranstalter für ihr Programm treiben. Werde Gebührengeld von der SRG SSR idée suisse abgezogen und den privaten Veranstaltern zugeleitet, so können die Gebührenzahlenden auch einen publizistischen Mehrwert erwarten - und nicht nur das Stopfen der Budgetlöcher der Veranstalter (in vielen Fällen sind das die regional dominierenden Verleger).

Deshalb sollten klare Kriterien für die Verteilung der Mittel gelten. Die Autoren der Studie schlagen auf der Grundlage der Wirtschaftlichkeitsanalyse drei Säulen für die Zuteilung der Mittel vor:
1. Sockelbetrag: Ein Sockelbetrag sollte allen Veranstaltern zur Verfügung stehen, die in Form eines öffentlichen Jahresberichts ihren publizistischen Beitrag im Sinne eines Service Public Régional nachweisen. Dieser Sockelbetrag sollte nach dem Strukturindex zugunsten strukturell benachteiligter Veranstalter gewichtet werden. Der Sockelbetrag sollte in keinem Fall mehr als die Hälfte des Jahresaufwandes ausmachen.
2. Strukturausgleichsprämie: Veranstalter in Rand-, Berg- oder mehrsprachigen Regionen müssen für die Programmherstellung und -verbreitung einen höheren Aufwand treiben. Eine Strukturausgleichsprämie müsste von den Betreibern beantragt werden.
3. Service-Public-Régional-Prämie: Für die Erfüllung spezieller Leistungen sollte eine Prämie für die Entwicklung von Programmen eingesetzt werden, die explizit einen Service-Public-Régional-Anspruch erfüllen. So könnte beispielsweise die Ausdehnung der regionalen Nachrichtensendung von 30 auf 60 Minuten gefördert werden, wobei nur ein Teil der Mehrkosten durch diese Prämie abgedeckt werden sollte. Ein fachkundiges Gremium hätte über die Anträge in publizistischer und wirtschaftlicher Hinsicht zu entscheiden.

Weiter befindet die Studie, dass der Gesetzgeber mit dem Gebührensplitting eine heikle Gratwanderung unternehme: «Je höher der Betrag für die privaten Veranstalter ausfällt, desto mehr Geld fehlt der SRG SSR idée suisse bei der Erfüllung ihres gesetzlichen Leistungsauftrages.» Die Wirtschaftlichkeitsanalyse legt nahe, nicht mehr als 30 Mio. Franken an die privaten Veranstalter auszuschütten, damit der Staat nicht zu ihrer wichtigsten Einnahmequelle werde. Dieser Betrag reicht nach Ansicht der Autoren aus, um die privaten Veranstalter aus den roten Zahlen zu führen und ihnen gleichzeitig nicht den Anreiz zu nehmen, ihre Finanzierung über die Medienmärkte zu sichern.

Der Forschungsbericht «Anbieterorientierte Analyse der Wirtschaftlichkeitschancen von Regional- und Lokalfernsehen» ist unter http://www.prognos.com abrufbar. Das Projekt wurde aus den Mitteln der Bakom-Forschungsförderung unterstützt.