Der Schweizer Presserat hat mit einer neuen Stellungnahme zu einer Beschwerde betreffend Berichterstattung über Sexualdelikte gewisse Grenzen gezogen und insbesondere klar gemacht, dass es möglich sein müsse, über solche Fälle zu berichten. Konkret hatte das Gremium über einen Artikel im «Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern» zu befinden, in dem es um ein Sexualdelikt an einem Kind ging. Der Journalist hatte über den Angeklagten geschrieben, er habe in den frühen 90er Jahren die Mutter des geschädigten Kleinkindes kennen gelernt und mit ihr eine Praxisgemeinschaft gegründet. Ebenfalls hatte er über die Mutter bekannt gegeben, sie sei gesundheitlich angeschlagen.
Gestützt auf diese Angaben waren das geschädigte Mädchen und die Mutter der Meinung, die Grenzen dessen, was man in einem solchen Fall schreiben dürfe, seien überschritten worden, da sie erkannt und auf die Gerichtsverhandlung angesprochen worden seien. Der Presserat bestätigte in seiner am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme seine bisherige zurückhaltende Praxis, macht aber gleichzeitig klar, dass die Zeitung sich an die Grenzen gehalten habe. Im Artikel würden weder Namen noch Initialen des Angeschuldigten genannt, und er enthalte nur minimale Angaben über Täter und Opfer (Alter, berufliche Selbstständigkeit, Verhältnis von Täter und Opfer). Die Zeitung habe «insgesamt in angemessener, zurückhaltender Weise über den Strafprozess berichtet», heisst es wörtlich, und grundsätzlich betont der Presserat: «Wollte man das Risiko einer Identifikation auch hier vollständig ausschliessen, müsste wohl gänzlich auf die Berichterstattung verzichtet werden.» - Die Stellungnahme im Wortlaut: http://www.presserat.ch/24880.htm
Dienstag
07.04.2009