Manchmal werden sie mit dem Alter weise und milde, manchmal böse und radikal. Den zweiten Weg scheint Otmar Hersche zu beschreiten, ehemaliger «Vaterland»-Chefredaktor (ältere Leserinnen und Leser erinnern sich, das war eine CVP-Zeitung in Luzern) und Direktor von Radio und Fernsehen DRS, eine Funktion, die nach Hersches Ausscheiden ersatzlos gestrichen wurde. Jetzt schreibt er ein Medientagebuch in der «WochenZeitung» («WoZ») und rumpelt in der neuesten Ausgabe gnadenlos durch die Schweizer Medienlandschaft. Dabei putzt er namentlich die ex-CVP-Bundesrätin Ruth Metzler mit unchristlicher Erbarmungslosigkeit herunter: Sie habe «scheints ein ziemlich ödes Buch geschrieben», frotzelt er. Und weil dieses Buch trotzdem Beachtung in den Medien fand, ärgert er sich massiv: «Wir sind auf dem besten Weg zu einer Klatschgesellschaft mit klugscheisserischem Einschlag.»
Auf allen helvetischen Sendern und in allen Publikationen werde «langfädig über die pöbelhaften Bemerkungen eines neuen Bundesrates und über das unnötige Buch einer alt Bundesrätin diskutiert, dagegen geraten wichtige Themen in den Hintergrund», räsoniert Hersche weiter. Diese thematische Gleichschaltung der Medien vergleicht er mit den Verhältnissen in Russland, nur dass er bei uns keinen Wladimir Putin ausmachen kann, der kraft seines Amtes die Medien gleichschalten könnte. «Vielleicht, ich will diese Vermutung ganz diskret anbringen, ist es jene `unsichtbare Hand`, die nach Adam Smith den Markt lenkt, und die seit langem immer mehr auch das Mediengeschehen dirigiert.» Da könnte Hersche allerdings nicht so ganz unrecht haben.
Freitag
18.06.2004