Die «Gipfel Zytig» hat mit einem Beitrag in der Rubrik «Hitsch Bärenthalers Schnellschüsse», der eine Satire hätte darstellen sollen, deutlich über das Ziel hinausgeschossen. Es ist bereits der zweite Beitrag der Rubrik, der vom Presserat nicht goutiert wurde.
Unter dem Titel «Fällt Dir etwas auf?» wurden in der Davoser Zeitung drei Fotos eines Wildschweinrudels gezeigt, welches «am Sonntagmorgen einen Ausflug mit der ganzen Familie» mache. In den Fotos überquert das Rudel, scheinbar gesittet auf dem Fussgängerstreifen, eine Landstrasse.
Der Text dazu ist dann allerdings unterirdisch. Erst folgt eine Aufzählung, in der die guten Eigenschaften der Wildschweine betont werden. «Sie benützen den Fussgängerstreifen, sie benützen das Trottoir, sie tragen keine Kopftücher, sie benützen keine geklauten Fahrräder, Roller oder BMWs, sie zeigen Disziplin, sie tragen keine Messer, sie gehen nicht in fremde Häuser, sie spucken nicht auf den Boden und sie machen keine fremden Frauen an!»
Damit aber noch nicht genug, am Schluss folgt noch eine mindestens so missglückte Pointe, fett gedruckt: «Aber: Auf die darf geschossen werden!»
Die Herabwürdigung und Diskriminierung anderer Volksgruppen, anderer Hautfarben, anderer Religionen, des anderen Geschlechts oder anderer sexueller Orientierung, des «Fremden» allgemein, habe sich schon immer solcher Tiermetaphern bedient, stellte der Presserat fest. Oft seien sie von Vernichtungsfantasien begleitet: Ratten und Ungeziefer dürften ausgerottet, oder, wie in diesem Fall, Wildschweine geschossen werden.
Satire dürfe aber nicht dazu missbraucht werden, um Vermutungen oder Anschuldigungen, die sich nicht belegen liessen und die in anderer Form nicht geäussert werden könnten, sozusagen risikolos publik zu machen. «Lügen bleiben Lügen, auch wenn sie virtuos unter dem Deckmantel der Satire präsentiert werden.»
Auch wenn der Beitrag keine Gruppen direkt benennt, ist für den Presserat die Diskriminierung offenkundig. «Die Verhaltensweisen, die viele Vorurteile direkt mit Ausländern verbinden, sind unverkennbar nicht auf Tiere gemünzt, sondern auf Menschen (am deutlichsten das Kopftuch, das sich allerdings mit der Tiermetapher in die Quere kommt)», hält der Rat fest.
«Es sind negative Kollektivzuschreibungen über das Bild der Wildschweine. Tiere, die ja bekanntermassen oft Schäden hinterlassen, aber im Vergleich zu den hier suggerierten menschlichen Schädlingen dafür auch erschossen werden dürfen.»
Der Presserat hiess die Beschwerde gut und stellte fest, dass die «Gipfel Zytig» mit der Veröffentlichung des Beitrags «Fällt Dir etwas auf?» die Ziffer 8 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (Diskriminierung) verletzt hat.