Vom Zürcher Wirtschaftspublizisten Gian Trepp ist soeben ein Buch erschienen unter dem Titel «Bertelsmann. Eine deutsche Geschichte». Im Mittelpunkt der Studie steht die Unternehmenskultur des Medienkonzerns, der im Jahr 2006 einen Umsatz von über 19 Milliarden Euro und einen Reingewinn von 2,4 Milliarden Euro erzielt hat. Weniger schön tönte es 2002. Damals legte die unabhängige Kommission zur Erforschung der Geschichte des Hauses Bertelsmann die Anpassung des Verlags ans Naziregime offen.
Gian Trepp beleuchtet nun erstmals die ganze Geschichte Bertelsmann, von der Verlagsgründung 1835 bis in die Gegenwart. Das Buch liest sich wie ein Wirtschaftskrimi. Bis zum Ersten Weltkrieg vertrieb der Verlag im Wesentlichen evangelische Schriften. 1887 hatte der Schwiegersohn Johannes Mohn die Führung übernommen, 1920 gab er das Ruder an seinen Sohn Heinrich weiter. Heinrich Mohns Verdienst war es, die Führung des Verlags zu dezentralisieren. Er führte aber auch neue Produkte ein. Als Mann mit Geschäftssinn vertrieb er bald nicht mehr in erster Linie religiöse Schriften, sondern Blut- und Boden-Romane und Kriegsbücher.
Nach Kriegsende behauptete Mohn dann dreist, nie nationalsozialistische Bücher vertrieben zu haben. Das Thema Religion erlebte seine Wiedergeburt, der Verlag vernebelte seine Vergangenheit und nahm am einsetzenden Wirtschaftswunder teil. Der starke Mann war jetzt Heinrich Mohns Sohn Reinhard. Unter ihm wandelte sich Bertelsmann von der «nationalsozialistischen Betriebsgemeinschaft» zur «wirtschaftlichen Überlebensgemeinschaft» mit motivierender Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter.
Mit dem 1950 gegründeten Lesering gab Mohn den Startschuss für eine Expansion sondergleichen. Innerhalb von fünf Jahren akquirierte er 1,5 Millionen Mitglieder. Es folgte ein Schallplattenring und Bertelsmann drang ins Radio- und TV-Geschäft vor. 1970/71 übernahm er den Zeitschriftenverlag Gruner+Jahr («Stern») und wandelte sich vom Grossverlag zum Medienkonzern. Gian Trepps Buch ist in erster Linie die Geschichte eines Medienkonzerns, der Familiendynastie aus Gütersloh, die ihn aufgebaut hat, und der Manager, welche die Geschicke des Hauses mitgeprägt haben. - Gian Trepp: «Bertelsmann. Eine deutsche Geschichte», Unionsverlag, Zürich 2007. 320 Seiten, Fr. 34.70. Vernissage: Mittwoch, 29. August (18.30 Uhr), Kanzlei Turnhalle, Kanzleistr. 56, 8004 Zürich.
Montag
27.08.2007