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Mittwoch
15.02.2012

Das Oberlandesgericht Köln hat am Dienstag gleich in drei Urteilen festgehalten, dass verschiedene Medien während des Jörg-Kachelmann-Prozesses das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten verletzt haben. Medien dürften Umstände aus dem privaten Lebensbereich eines Angeklagten auch dann nicht ohne Weiteres verbreiten, wenn diese in der öffentlichen Hauptverhandlung erörtert worden sind, urteilten die Richter.

«Der Kläger hatte während der Ermittlungen in einer richterlichen Vernehmung im Detail den zwischen ihm und der Anzeigenerstatterin üblichen (einvernehmlichen) Sexualverkehr geschildert. Die Beklagten hatten sodann Einzelheiten der Schilderung in ihre Presseveröffentlichungen eingestellt. Nach Ansicht des zuständigen 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln lag hierin ein unzulässiger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers» vor, liess das Gericht am Dienstag verlauten. Das Berichterstattungsinteresse der Beklagten habe hinter dem Recht des Klägers auf Schutz seiner Intimsphäre zurückzustehen.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die berichteten Umstände später Gegenstand einer öffentlichen Gerichtsverhandlung gewesen seien, in welcher das Vernehmungsprotokoll im Wortlaut verlesen worden war. Die Öffentlichkeit eines Gerichtssaales sei nicht mit der Wirkung zu vergleichen, die von einer Veröffentlichung in den Medien, erst recht bei einer Veröffentlichung im Internet ausgehe. Die veröffentlichten Details hätten in keinem Zusammenhang mit dem konkreten Tatvorwurf gestanden und seien von den Beklagten auch in der Berichterstattung nicht in einem solchen Zusammenhang gerückt worden.

Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht strafrechtlich verurteilt worden sei. Während des laufenden Ermittlungsverfahrens und bis zu einer gerichtlichen Verurteilung gelte zugunsten des Beschuldigten die Unschuldsvermutung. Dementsprechend zurückhaltend und ausgewogen müsse über den Tatvorwurf und den auf dem Angeklagten lastenden Verdacht berichtet werden.

«Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen», erklärten die Richter am Dienstag. Die Frage, in welchem Umfang auch über private, das Persönlichkeitsrecht berührende Umstände berichtet werden dürfe, die in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung erörtert worden seien, sei bisher in Deutschland nicht höchstrichterlich entschieden.