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Freitag
07.10.2011

Zum fünften Jahrestag der Ermordung der Moskauer Journalistin Anna Politkowskaja beklagte Reporter ohne Grenzen (ROG) in einem Kommuniqué vom Freitag die weiterhin geringen Fortschritte im Kampf gegen die Straflosigkeit in der Russischen Föderation. Die Mehrheit der Verbrechen an Medienschaffenden blieben unaufgeklärt, Täter und Auftraggeber gingen straffrei aus. Seit dem Amtsantritt des früheren Präsidenten und heutigen Ministerpräsidenten Wladimir Putin im März 2000 seien mindestens 26 Journalisten während oder wegen ihrer Arbeit getötet worden.

Anna Politkowskaja wurde am 7. Oktober 2006 vor ihrer Wohnung in der Moskauer Lesnaja-Straße erschossen. Die Journalistin arbeitete seit 1999 für die Kreml-kritische «Nowaja Gaseta» und berichtete über Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien sowie über Korruption im Staatsapparat. Zwei Tage nach ihrer Ermordung sollte ein Artikel über Folter in Tschetschenien mit entsprechenden Fotos veröffentlicht werden.

Die jüngsten Fortschritte bei den Ermittlungen im Mordfall Politkowskaja sieht ROG als ermutigende Zeichen. Dmitri Pawljutschenkow, mutmasslicher Drahtzieher, und Rustam Machmudow, mutmasslicher Auftragsmörder, sind in diesem Jahr gefasst worden. «Das Schwierigste steht in dem Verfahren allerdings noch bevor», so ROG. Die Auftraggeber der Tat seien nach wie vor unbekannt und einige von ihnen vermutlich in den Reihen russischer oder tschetschenischer Geheimdienste zu suchen.

«Die Justiz wird Mut und eine grosse Entschiedenheit unter Beweis stellen müssen, um die Auftraggeber des Mordes identifizieren zu können», so ROG. Um weitere Ermittlungserfolge zu erzielen, müssten Bemühungen und Wachsamkeit verdoppelt werden. «Der bedrohliche Schatten dieses unaufgeklärten Verbrechens verfolgt immer noch diejenigen, die sich für ein gerechteres Russland und für ein Ende der Gewalt im Kaukasus einsetzen», heisst es im Kommuniqué vom Freitag weiter.

In den drei russischen Kaukasusrepubliken Tschetschenien, Dagestan und Inguschetien sei die Arbeit von Journalisten und Menschenrechtsaktivisten besonders gefährlich. Insbesondere in Tschetschenien herrsche ein Klima der Angst und Selbstzensur, das durch den Mord an Politkowskaja sowie den Mord an deren Kollegin und ehemaligen Mitarbeiterin der Menschenrechtsorganisation «Memorial» in Grosny, Natalia Estemirowa, geschürt wurde. 

Das Versprechen von Präsident Dmitri Medwedew, konsequenter gegen die Straflosigkeit für Verbrechen gegen Journalisten vorzugehen und deren Schutz zu verbessern, sei nicht eingelöst worden, so ROG. Noch weniger Fortschritte seien jedoch nach einer erneuten Übernahme des Präsidentenamtes durch Putin zu erwarten. Der derzeitige Ministerpräsident ist bei ROG bereits seit Jahren als «Feind der Pressefreiheit» gelistet.