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Mittwoch
11.08.2004

Im Vorjahr setzte das Schweizer Kino gleich mehrere entscheidende Glanzlichter in Locarno. Dieses Jahr ist das einheimische Kino nicht in gleicher Stärke präsent. Mit «Promised Land» lieferte die Schweiz immerhin einen der umstrittensten und viele Diskussionen auslösenden Beiträge des Wettbewerbs. Regie führt der Tessiner Michael Beltrami. Er bezeichnet seinen Film nach zahlreichen Dokumentationen als Spielfilmdebüt, obwohl er mit «Bella?» bereits vor 20 Jahren ein viel beachtetes fiktionales Werk vorgestellt hatte.

Es ist denn auch ein Anfängerfehler, der die schön-schräge und zugleich kritische Liebeserklärung an Hollywood manchem Zuschauer vergällte: Beltrami packte zu viel an Themen und Thesen in die Story um einen vergessenen Möchtegernstar, und die eigentliche Geschichte - die Suche eines einsamen Menschen nach sich selbst - gerät dadurch in den Hintergrund. Andererseits überrascht der Film mit einer kräftigen Portion Ironie. Damit wird die satirische Reflexion des verlogenen Rummels um die Traumfabrik unterstrichen und gibt dem Film Substanz und Spannung.

In der Sektion «Cinéastes du présent» war ein Schweizer Spielfilm zu entdecken, der durch Mut zum Ungewöhnlichen aufblicken lässt: «Absolut» von Romed Wyder. Der mit einem Minimalbudget realisierte Film erzählt die unglaubliche Story eines idealistischen Weltverbesserers, der mit einem Computervirus an den Mauern der Macht rütteln will. Ein Unfall mit unheimlichen Folgen bringt jedoch die Planung durcheinander und den Anti-Helden an den Rand der Existenz. Weniger die haarsträubende Story als die formale Umsetzung fesseln. Wyder macht aus der Not finanzieller Enge eine Tugend. Kamera und Ton wurden durchwegs von Hand geführt. Das gibt dem Geschehen einen dokumentaristischen Anstrich, der wiederum die Gesellschaftskritik der Geschichte unterstreicht.