Der amerikanische Filmemacher Michael Moore produzierte wiederum einen Skandal und holt zum Schlag gegen die US-Gesellschaft und den Staat aus. In seinem neuesten Dokumentarfilm «Sicko» geisselt der füllige 53-Jährige die schockierenden Mängel des Gesundheitssystems seiner Heimat. Die Tatsache, dass viele Amerikaner nicht krankenversichert seien und die medizinische Versorgung nur unter kommerziellen Aspekten betrieben werde, sei «unmoralisch» und «barbarisch», erklärte Moore am Samstag im Rahmen des Internationalen Filmfestivals Cannes vor Medienvertretern. Sein ausserhalb des Wettbewerbs laufender Film erhielt nach der Pressevorführung viel Applaus.
In «Sicko» nimmt er nun die Gesundheitskonzerne und korrupten Politiker seines Landes gewohnt polemisch und pointiert aufs Korn. Der Regisseur lässt hilflose Patienten über absurde Klauseln der Versicherungen berichten, schildert den privaten Bankrott eines Ehepaares, das die Arztkosten nach Herzinfarkt und Krebserkrankung nicht bezahlen konnte, und besucht schwer kranke Helfer nach den Terroranschlägen in New York. Weil sie sich als Freiwillige an den Bergungsarbeiten beteiligt hatten, kommt niemand für die Kosten der durch giftige Dämpfe und Staub verursachten Krankheiten auf.
Dramaturgischer Höhepunkt des Dokumentarfilms ist ein Trip nach Kuba, der für Moore noch ein juristisches Nachspiel hat. Der Regisseur bestätigte in Cannes, dass das US-Finanzministerium gegen ihn wegen Verstosses gegen das Kuba-Embargo der US-Regierung ermittle und ihm eine Geldstrafe oder sogar Gefängnis drohe. Zu den jüngst von anderen Filmemachern geäusserten Vorwürfen, Michael Moore würde sein dokumentarisches Material manipulieren und im Detail auch vor Fälschungen nicht zurückschrecken, vermied er in Cannes eine direkte Stellungnahme. Es gebe mittlerweile eine Industrie mit Anti-Michael-Moore-Filmen, meinte der Dokfilmer weiter.
Sonntag
20.05.2007