Zwar laufen in der Schweiz immer noch Strafverfahren gegen Journalisten, die nichts anderes gemacht haben, als ihre beruflichen Pflichten wahrzunehmen, aber bald könnte das anders werden. «Ab nächstem Sommer wird jede Person einfach und rasch Zugang zu amtlichen Dokumenten erhalten», kündete der Bundesrat am Mittwoch an, weil er am 1. Juli. das Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung in Kraft setzt. Der Wechsel vom Grundsatz zur Geheimhaltung zum Öffentlichkeitsprinzip soll den Zugang zu amtlichen Dokumenten erleichtern, verspricht die Landesregierung. Das Gesetz fördere die Transparenz der Verwaltung und stärke damit das Vertrauen der Bevölkerung in die staatlichen Institutionen, heisst es weiter in der Mitteilung.
Jede Person könne in Zukunft Einsicht in amtliche Dokumente verlangen, ohne ein besonderes Interesse nachweisen zu müssen. Die Gesuche seien dabei an jene Behörde zu richten, die das Dokument erstellt hat. Die gewünschten Dokumente sollen vor Ort eingesehen oder Kopien angefordert werden können. Die Bearbeitung der Gesuche sei gebührenpflichtig; bei geringem Aufwand erhebe die Behörde jedoch keine Gebühren.
Allerdings kann der Zugang zu amtlichen Dokumenten «zum Schutz überwiegender öffentlicher oder privater Interessen» eingeschränkt oder verweigert werden, heisst es weiter. Dies sei beispielsweise dann der Fall, wenn durch die Einsicht in amtliche Dokumente die freie Meinungs- und Willensbildung einer Behörde beeinträchtigt oder die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz gefährdet werden könnte. Weitere Ausnahmen vom Öffentlichkeitsprinzip sind ferner vorgesehen, wenn Berufs-, Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse offenbart werden könnten.
Die Erfahrung wird zeigen müssen, wie liberal oder engherzig die Behörden mit diesen Bestimmungen umgehen werden. Gewährt die zuständige Behörde nicht oder nicht in vollem Umfang Zugang zu amtlichen Dokumenten, kann die gesuchstellende Person einen Schlichtungsantrag an den Eidg. Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten stellen. Kommt in diesem Schlichtungsverfahren keine Einigung zustande, steht das ordentliche Beschwerdeverfahren offen: Die Behörde erlässt eine Verfügung, die vor einer gerichtlichen Instanz angefochten werden kann.
Das Öffentlichkeitsgesetz gilt für die Bundesverwaltung, die Parlamentsdienste sowie für Organisationen, die öffentliche Aufgaben erfüllen, soweit sie Verfügungen erlassen (z.B. SBB, Post oder SUVA). Vom Gesetz nicht erfasst werden hingegen die Schweizerische Nationalbank und die Eidg. Bankenkommission.
Mittwoch
24.05.2006