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Dienstag
06.03.2012

Ein einziges Schweizer Modelabel hat es bis heute auf den Kalender der berühmtesten aller Modewochen, der Pariser Fashion Week, geschafft: Akris aus St. Gallen. Und immer, wenn Chefdesigner Albert Kriemler zwei Mal jährlich zur Werkschau in der Seine-Stadt lädt, ist das auch ein Stelldichein von Schweizer Kreativität und Presse.

So auch am Sonntagmorgen um zehn Uhr, zu bester Zeit vor Céline, Hermès und Givenchy. 600 Zuschauer sowie 50 Fotografen und Kameraleute drängten sich im Palais du Chaillot am Trocadero. Da fiel es nicht einmal gross auf, dass Kriemlers prominenteste Kundin, Charlène von Monaco, diesmal fehlte (die Fürstin ist noch in den USA, wo sie letzten Sonntag von Kopf bis Fuss in Akris bei den Oscars auf dem roten Teppich brilliert hatte).

Verleger Michael Ringier war mit seinen zwei Metern Körperlänge nicht zu übersehen, ihm nahe kommt höchstens noch der ebenfalls baumlange CEO des Stämpfli-Verlags, Manfred Hiefner. Ringiers Beziehung zu den Pariser Modeschauen reicht bis in die Kindheit zurück. «Meine Mutter berichtete jeweils für die `Sie+Er` aus Paris», erzählte er dem Klein Report, «und kein geringerer als Wolfgang Joop war ihr Zeichner.» Buchverleger Hiefner schaut da mehr in die Zukunft und möchte gerne die Akris-Erfolgsstory in einem kostbaren Coffe-Table-Book veröffentlichen.

90 Jahre alt ist das Label Akris dieses Jahr; als Zweifraubetrieb hatte Kriemlers Grossmutter Alice Kriemler-Schoch (aus dem Kürzel ihres Namens wurde Akris) in ihrer Wohnung in St. Gallen 1922 begonnen, und die Nähmaschine, auf welcher sie ihre ersten Schürzen nähte, ist heute im Textilmuseum St. Gallen zu sehen.

Als Sohn Max Kriemler als 20-Jähriger mitten im Krieg den Betrieb übernehmen musste, hatte dieser bereits 40 Angestellte. «Und heute sind es 1400!», freute sich der hellwache 90-Jährige am Sonntag im Gespräch mit dem Klein Report in Paris. Wiewohl er das Geschäft längst seinen beiden Söhnen, dem Kreativen Albert und dem Geschäftsmann Peter Kriemler, übergeben hat, fliegt er immer noch jeden Oktober und jeden März nach Paris und weiss den Erfolg seiner Söhne richtig einzustufen: «Ich habe letzte Woche jedes grosse Modehaus abgeklappert, und nur wenige haben so tragbare Kollektionen wie wir!»

Dieser Meinung schlossen sich «Women`s Wear Daily» und «Figaro» an, welche ihre lobende Kritik bereits zwei Stunden nach der Akris-Schau online stellten. Bei der Zürcher «annabelle», deren Chefredaktorin Lisa Feldmann auch in der ersten Reihe sass, wird es wohl ein wenig länger dauern.

Wie schon so oft orientiert sich Albert Kriemler, der eigentlich lieber Architekt als Modeschöpfer geworden wäre, auch für seine neue Kollektion für Herbst/Winter 2012/13 an architektonischen Abstraktionen, diesmal des US-Expressionisten Franz Kline. Geometrische Muster à la Kline durchziehen seine Kollektion von A bis Z; Stiefel mit schwindelerregend hohen, sichelförmig gebogenen Absätzen und angeschnittenen Leggings des Schweizer Schuhkünstlers Walter Steiger, der von Herisau aus die Modewelt eroberte, vervollkommnen den Gesamteindruck einer wunderbar leichten, tragbaren Eleganz, die meilenweit entfernt ist vom düsteren «Girl with the Dragon Tattoo»-Punk-Chic, welcher letzte Woche in Mailand über die Laufstege gegangen war.

Es applaudierten unter anderen Tobias Forster (Forster Rohner Stickereien), Präsident der Kunsthalle St. Gallen, Starcoiffeur Charles Aellen, Option-Modelagenturinhaberin Ursula Knecht, Kunstfotograf Franco P. Tettamanti, «Glanz & Gloria»-Moderatorin Annina Frey (war früher Hausmannequin bei Akris) und die erfolgreiche Galeristin Esther Woerdehoff von Graffenried, die die Umsätze ihrer Pariser Galerie innert zwei Jahren verdoppelte und nun nach Italien expandiert, derweil Ehemann und Fotograf Michael von Graffenried zwei grosse Ausstellungen in New York vorbereitet.