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Dienstag
13.05.2008

«Neutralität und Objektivität in der Beratung durch Mediaagenturen sind nicht mehr gewährleistet», polterte der Präsident der Schweizer Werbung (SW), Carlo Schmid, am Tag der Werbung in Luzern. Der Klein Report sprach mit dem Rechtskonsulenten des Verbandes, Marc Schwenninger, der die Arbeitsgruppe gegen Media-Missstände leitet. Schwenninger schwächte im Gespräch die Dramatik der Ungereimtheiten im Mediabusiness ab: Man wolle nicht die Gerichte bemühen, sondern miteinander Lösungsansätze kreieren, sagte er gegenüber dem Klein Report.

Klein Report: Auf wessen Initiative geht die Arbeitsgruppe gegen Media-Missstände zurück?
Marc Schwenninger: Grundsätzlich besteht meines Erachtens vor allem bei den Werbeauftraggebern ein Unbehagen und die Meinung, es herrsche Intransparenz.

Klein Report: Warum entsteht diese Meinung so plötzlich?
Marc Schwenninger: Nach meiner Einschätzung ist das nicht eine plötzliche Meinung, sondern eine Entwicklung. Die Vertreter der Werbeauftraggeber werden das in der Arbeitsgruppe näher beleuchten.

Klein Report: Es heisst, in der Schweiz habe es auch Fälle von Unregelmässigkeiten zwischen Medien, Kunden und Mediaagenturen gegeben. Welche?
Schwenninger: Das sind keine gerichtlichen Auseinandersetzungen und mir nicht spezifisch bekannt. Ich gehe aber davon aus, dass die Werbeauftraggeber Beispiele nennen könnten.

Klein Report: Ist das ein Ziel der Arbeitsgruppe?
Schwenninger: Wir haben uns Bestandsaufnahme und Definition von allfälligen Massnahmen als Ziel gesetzt. Es stellt sich die Frage, ob es Sinn machen würde, einen Code of Conduct zu erstellen ..., der zwar vor 4 Jahren in Deutschland gescheitert ist.

Klein Report: In der Schweiz stehen sich dieselben Gruppen von Mediaagenturen, Medien und Grosskunden gegenüber. Welcher ist Ihr neuer Ansatz?
Schwenninger: Das muss geprüft und diskutiert werden. Ich kann das nicht alleine entscheiden oder beurteilen. Dafür gibt es die Arbeitsgruppe.

Klein Report: Wie und mit welchen Partnern werden Sie versuchen, die Arbeitsgruppe zu einem greifbaren Ergebnis zu führen?
Schwenninger: Am runden Tisch der Schweizer Werbung sollen möglichst alle Parteien vertreten sein, so insbesondere auch Vertreter der Mediaagenturen und der Werbeauftraggeber.

Klein Report: Auch dieser Versuch ist zu Beginn dieses Jahres in Deutschland gescheitert. Die beiden Verbände (OWM und OMG) haben einen runden Tisch verlassen. Wie vermeiden Sie diesen Stillstand?
Schwenninger: Das kann nicht die SW vermeiden, sondern nur die involvierten Parteien.

Klein Report: «Neutralität und Objektivität in der Beratung durch Mediaagenturen sind nicht mehr gewährleistet», sagte Carlo Schmid in Luzern. Ist diese harte Kritik an Mediaagenturen gerechtfertigt?
Schwenninger: Das darf nicht so in Alleinstellung verstanden werden. Was damit gemeint ist: Wenn es sich tatsächlich erweisen sollte, dass gewisse Marktteilnehmer, die Auftraggeber in Mediaangelegenheiten beraten, von substanziellen Kick-Backs einzelner Medien etc. profitieren, die sie anderswo nicht erhalten, dann besteht natürlich die Gefahr, dass die Beratung nicht mehr ganz so objektiv ist.

Klein Report: Trotz der Veröffentlichungen im sogenannten Fall Ruzicka hat in Deutschland eine breite Mehrheit der Werbekunden kein Interesse, irgendetwas zu ändern. Wie möchten Sie diese «deutschen Verhältnisse» konkret vermeiden?
Marc Schwenninger: Ziel der Arbeitsgruppe ist es, dass diese Fragen nicht auf Gerichtsebene ausgefochten werden, seien es Zivil- oder Strafgerichte. Die SW bietet nur eine Plattform für die Marktteilnehmer, um sich auszutauschen und miteinander Lösungsansätze zu kreieren. Wenn die Marktteilnehmer tatsächlich keine Veränderung wollen, dann macht meines Erachtens auch die Arbeitsgruppe keinen Sinn.