International tätige Unternehmen müssen bei ihrer Kommunikation schneller auf die sich rasant verändernden globalen Medientrends reagieren. So lautet ein Fazit des ersten Internationalen Kommunikationsforums der dpa-Tochter News Aktuell. Gestern trafen sich in Frankfurt mehr als 100 Kommunikationsexperten zum eintägigen Kongress mit dem Titel «Medien und PR in einer globalisierten Welt».
Matthias Vollbracht, Leiter Unternehmensanalyse von Media Tenor International, eröffnete den ersten Themenblock «Die Welt wächst zusammen - Internationale Kommunikation im Umbruch». Er machte sich stark für eine globale Planung von Kommunikationsprozessen. Die Umsetzung sollte aber in erster Linie lokal erfolgen. Weiterhin forderte er, dass die PR-Verantwortlichen die jeweiligen Themen-Agenden in den unterschiedlichen Ländern besser erkennen und für sich nutzen müssen. «Die globale PR konzentriert sich hauptsächlich auf die westlich orientierten Elite-Medien. China oder die arabischen Medien sind für viele PR-Treibende noch immer Terra incognita», kritisierte Vollbracht.
Welche Fehler international kommunizierende Unternehmen machen können, zeigte Frank Roselieb, Leiter des Krisennavigators beim Kieler Institut für Krisenforschung. Er empfahl die Strategie der «Glokalisierung». Diese beinhaltet eine Mischung aus zentralen Elementen in der internationalen Hauptverwaltung sowie lokale Vorkehrungen in den nationalen Tochtergesellschaften.
Wie Zielgruppen erfolgreich definiert und erreicht werden können, demonstrierte Torsten Oltmanns, Global Marketing Director bei Roland Berger Strategy Consultants. Er gab den Rat, Entscheider anhand ihrer wichtigsten Präferenz zu klassifizieren - ihrem Job. «Wir adressieren in erster Linie karriere- und arbeitsaffine Themen, die 80 Prozent der Wachzeit von Entscheidern dominieren.» Dabei stellte er ein Modell vor, das Zielgruppen in Orchestermusiker, Solisten und Dirigenten aufteilt, und mit dessen Hilfe die passenden Botschaften erfolgreich kommuniziert werden können.
Den zweiten Themenblock des Tages «Quo vadis Nachricht -Internationale Medien- und PR-Trends» leitete Rod Nicolson ein, Vizepräsident Online Services bei PR Newswire. Er stellte die grosse Bedeutung von Social Media für die internationale Kommunikation dar und erläuterte, wie Unternehmen diese Anwendungen erfolgreich einsetzen können. In welcher Form die zunehmende Digitalisierung der Medien Auswirkungen auf die PR hat, machte Jürgen De Graeve, Leiter Kommunikation Unternehmen bei der Audi AG deutlich. «Viele Journalisten verlassen heute nicht mehr ihre Redaktion, sondern arbeiten den ganzen Tag am Newsdesk. Sie telefonieren höchstens noch. Dieser Logik muss bei der Kommunikation Rechnung getragen werden.» Ausserdem wies De Graeve im Zusammenhang mit Blogs auf die Diskrepanz zwischen sich schnell im Internet verbreitenden negativen Nachrichten und langwierigen Entscheidungsprozessen in grossen Unternehmen hin.
Spannende Zahlen lieferte Bertrand Pecquerie, Direktor des World Editors Forum, der die Ergebnisse des Newsroom-Barometers 2008 vorstellte. Mehr als 700 Chefredakteure von Tageszeitungen aus allen Erdteilen sagen demnach voraus, dass die Mehrzahl von Print- und Online-Nachrichten in Zukunft kostenfrei erhältlich sein wird (56 Prozent). Während fast 90 Prozent glauben, dass die Zukunft integrierten Newsrooms gehört, prognostizieren mehr als zwei Drittel der Chefredakteure, dass die Bedeutung von Meinungs- und Analyseseiten in Zukunft weiter steigen wird.
Welchen Herausforderungen sich eine international tätige Nachrichtenagentur heute und in Zukunft stellen muss, beschrieb Malte von Trotha, Geschäftsführer der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wies darauf hin, dass das Informationsbedürfnis der Menschen immer umfassender wird, die einzelnen Medien aber immer heterogener. «Die klassische Nachricht verliert inmitten der globalen Echtzeit-Kommunikation an ökonomischem Wert. Wir müssen also unser Kernprodukt in einer Weise neu definieren, dass es über unseren bisherigen Kernmarkt hinausreicht. Nur wer Information und Technologie weit über das bestehende Mass hinaus verknüpft, wird dabei erfolgreich sein», so von Trotha weiter.
Ähnlich argumentierte Chefredakteurin Annette Milz vom «Medium Magazin». «Nachrichten sind unverzichtbar. Der Wert der Nachricht ist allerdings ganz stark geprägt von der Glaubwürdigkeit des Mediums.» Sie unterstrich, dass eine der grössten Herausforderungen für die Medienbranche die Bereitstellung kostenloser Inhalte im Internet ist. «Wir haben es mit einem Paradigmenwechsel zu tun, der da heisst: Kostenloskultur.»
Mittwoch
05.11.2008