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Donnerstag
15.03.2012

Der Nationalrat hat am Mittwoch in einer ausserordentlichen Session den Fall «Hildebrand» und die Umstände diskutiert, die zum Rücktritt des Nationalbankpräsidenten führten. Mehrere Zehntausend Franken hat sich die Schweizerische Nationalbank SNB im Dezember und Januar die Begleitung ihres Präsidenten Philipp Hildebrand durch PR-Berater Jörg Denzler kosten lassen. Genützt hat am Schluss alles nichts; Hildebrand musste zum Rücktritt gezwungen werden und hat einen grossen Imageschaden erlitten, wie am Mittwoch auch die Voten im Bundeshaus zeigten.

Der Rücktritt Hildebrands ist der spektakulärste der Schweiz der letzten Jahre und rangiert gleich hinter demjenigen von Elisabeth Kopp, die am 12. Dezember 1988 zurückgetreten war im Rahmen einer Affäre, welche als Kopp-Skandal in die Schweizer Geschichte einging. Elisabeth Kopp musste damals den Hut nehmen, weil sie einen Telefonanruf an ihren Ehemann Hans W. Kopp zunächst abgestritten hatte. In jenem Gespräch hatte sie ihn dazu bewegt, aus dem Verwaltungsrat der (fälschlicherweise) der Geldwäscherei beschuldigten Shakarchi Trading AG zurückzutreten. (Das Verfahren wurde später mangels Beweisen eingestellt). Der Klein Report hat Elisabeth Kopp kürzlich getroffen.

«Ich hatte damals keinen PR-Berater», sagte die alt Bundesrätin rückblickend im Gespräch mit dem Klein Report, «mein Mann hat mich beraten und er bestand darauf, dass ich nicht zurücktreten sollte.» 23 Jahre danach bedauert sie, dem Ratschlag des vor drei Jahren Verstorbenen, den sie noch immer schmerzlich vermisst, nicht gefolgt zu sein: «Heute würde ich nicht mehr zurücktreten, es war falsch, mein Mann hatte recht. Ich hätte auf ihn hören und im Amt verbleiben sollen», verriet sie.

Elisabeth Kopp wurde 1990 vom Bundesgericht vom Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung freigesprochen, 1992 musste das Medienunternehmen Ringier wegen falscher Anschuldigungen eine Entschädigung an Hans W. Kopp zahlen. 1998 wurde die Telefonabhöraktion durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, auch vom Schweizer Richter Luzius Wildhaber, einstimmig als konventionswidrig verurteilt. Anfang Oktober 1998 entschuldigte sich der «Tages-Anzeiger» nach gerichtlicher Verpflichtung in einer Kurzmeldung: «Der `Tages-Anzeiger` wollte weder der Shakarchi Trading AG noch Mohammed Shakarchi persönlich und seiner Familie wissentliche Kontakte zur türkischen und italienischen Waffen- und Drogenmafia unterstellen.»

«Die Vorwürfe gegen meinen Mann waren falsch», sagte die alt Bundesrätin im Rückblick, «doch ich stand ihretwegen so unter Druck, dass ich nicht auf ihn hörte.» Alles wäre wohl anders gekommen, wenn sich der Gesamtbundesrat hinter sie gestellt hätte, denkt sie heute. Doch die SP-Bundesräte René Felber und Otto Stich verweigerten sich. «Otto Stich hat hinter meinem Rücken sogar ein Strafverfahren gegen mich eingefädelt. Unter solchen Umständen, dachte ich, sei ein Weiterarbeiten unmöglich. Im Bundesratszimmer hatte es nicht nur nicht mehr harmoniert, es war eiskalt - es war nicht wie in einem Frigidaire, sondern wie in einem Deepfreezer.» Indes: Auch für ihre Partei war sie damals nicht mehr tragbar, die FDP setzte Kopp unter Druck, den Rücktritt aus dem Bundesrat zu erklären.

Dass ausgerechnet die erste Frau im Bundesrat und ausgerechnet eine Politikerin, die nie zu den Ehrgeizigen mit Ellbogen zählte, so gehen musste, bedauern heute viele. «Ich wollte gar nie Karriere machen», erklärte Elisabeth Kopp dem Klein Report, «ich wollte immer Ideen und Ziele verwirklichen.» Dass sie ohne grosse Anstrengungen und Wahlkämpfe trotzdem immer gewählt wurde (1970, unmittelbar nach Einführung des Frauenstimmrechts, in den Gemeinderat von Zumikon, 1979 in den Nationalrat und 1984 in den Bundesrat), schreibt sie dem Sensorium der Schweizer Wählerschaft zu: «Ich glaube, die Wähler haben ein gutes Gespür dafür, wer aus reinen Karrieregründen in der Politik ist und wer ein Anliegen hat», so Kopp.

Elisabeth Kopp ist noch immer eine vife, topinformierte, elegante Frau mit dem schönen Rosenteint, für den sie berühmt war, chic in Armani gekleidet. Sie hat den Tod ihres Mann überwunden, aber nicht verschmerzt, und ist landesweit aktiv als Rednerin und Schreiberin: «Gerade eben habe ich das Vorwort für das Buch `Löwenzahn` von Nationalrat Oskar Freysinger geschrieben, das diesen Monat auf den Markt kommt», sagte sie dem Klein Report.