Ein Gericht in Istanbul hat die türkische Schriftstellerin Elif Shafak am Donnerstag vom Vorwurf der «Beleidigung des Türkentums» freigesprochen. Grund des Vorwurfs war eine Passage in Shafaks jüngstem Buch «Der Bastard von Istanbul», in der eine fiktive Romanfigur über den Völkermord der Türken an den Armeniern im Ersten Weltkrieg spricht. Die Türkei wehrt sich dagegen, dass die Massaker an den Armeniern vor 90 Jahren als Völkermord eingestuft werden.
Ein starkes Sicherheitsaufgebot um das Gerichtsgebäude sollte gewalttätige Aktionen türkischer Nationalisten verhindern, die die Romanautorin zur «Türkenfeindin» erklärt haben. Die 34-jährige Autorin, die fünf Tage zuvor eine Tochter geboren hatte und deshalb nicht zur Verhandlung erschienen war, nannte die Entscheidung des Gerichts «sehr erfreulich» für sie persönlich. Allerdings sei zu befürchten, dass die Welle von Prozessen gegen Schriftsteller und Journalisten in der Türkei andauern werde.
Trotz heftiger Kritik der Europäischen Union an der Beschränkung der Meinungsfreiheit in der Türkei, lehnt die Regierung in Ankara eine Änderung des im vergangenen Jahr reformierten Strafrechts ab. Der umstrittene Paragraf 301, der Haftstrafen für Verunglimpfung staatlicher Institutionen und Beleidigung des Türkentums vorsieht, hat zu einer Welle von Strafverfahren gegen türkische Schriftsteller und Journalisten geführt. Ein Prozess gegen Orhan Pamuk, Autor und Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels («Schnee») , war Anfang dieses Jahres eingestellt worden.
Donnerstag
21.09.2006