Ein neues Buch unter dem Titel «Kurt Landauer - Der Mann, der den FC Bayern erfand» ist erschienen - im Orell Füssli Verlag. Autor ist Dirk Kämper, der Historiker, Drehbuchautor und Journalist, unter anderem für ARD, WDR und 3sat. Kämper ist kein Münchner, jedoch im Rahmen eines Filmes für den Bayrischen Rundfunk und ARD auf den Juden Kurt Landauer gestossen, der zu Beginn des letzten Jahrhunderts als passionierter Fussballfan als Gründer und Sponsor des jungen Münchner Klubs in Erscheinung trat.
Am Dienstagabend fand in der Zürcher Buchhandlung im Volkshaus eine Buchpräsentation mit dem Autor Dirk Kämper und dem FCB-Klubarchivar Andreas Wittner stattt. Martin Bosshard, selber Fussballfan und Buchhändler, hatte die Veranstaltung zusammen mit Omanut und dem Verlag initiiert. Gegen fünfzig Interessierte folgten der Einladung in die «Katakombe» des Buchladens, wie Bosshard den Raum im Untergeschoss nennt, darunter ein grosses Aufgebot des FC-Bayern-Fanklubs in Zürich.
Vorausgeschickt sei, dass einst zwei berühmte Landauer in München gelebt haben. Der eine hiess Gustav Landauer und war Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts einer der wichtigsten Theoretiker und Aktivisten des Anarchismus in Deutschland. Er vertrat unter Einfluss Peter Kropotkins den kommunistischen Anarchismus und war Pazifist. Später war er Mitglied der Räterepublik-Regierung und wurde in der Haft ermordet.
Der andere Landauer, der Kurt, nicht verwandt mit Gustav, aber auch Jude, widmete sein ganzes Leben dem FC Bayern. Er prägte vieles, was den Verein gross gemacht hat und woran die Vereinsführung noch heute festhält. Der Kaufmann und Fussballfunktionär Kurt Landauer war zwischen 1913 und 1951 vier Mal Präsident des FC Bayern. 1932 gewann er mit dem Verein die erste deutsche Meisterschaft. Als die Nationalsozialisten im folgenden Jahr an die Macht kamen, verlor Kurt Landauer als Jude seine Arbeitsstelle bei den «Münchner Neusten Nachrichten».
Im März 1933 musste er auch sein Amt als Bayern-Präsident abgeben. Einen Tag nach der Pogromnacht vom 9. November wurde er für zwei Monate im Konzentrationslager Dachau interniert und konnte nach seiner Entlassung in die Schweiz flüchten, während vier seiner Geschwister von den Nazis ermordet wurden.
Die damaligen Bayern-Spieler hatten ihn nicht ganz vergessen: Bei einem Freundschaftsspiel in Zürich im Jahre 1943 rannten sie zur Tribüne und begrüssten ihren Präsidenten herzlich. 1947 kehrte Kurt Landauer nach München zurück und wurde nochmals bis 1951 Präsident des FC Bayern.
Interessant ist, dass der Fussball-Spiritus-rector in den Sechziger- und Siebzigerjahren und später in Vergessenheit geriet - in der Nachkriegszeit wollte man die Greuel der Nazi lange Zeit nicht offen zur Kenntnis nehmen.
Karl-Heinz «Kalle» Rummenigge, Vorstandsvorsitzender der FC Bayern München AG und früherer Stürmer, gab zu Protokoll: «In meiner Zeit als aktiver Fussballer beim FC Bayern habe ich nichts von einem Kurt Landauer gehört.» Erst die berühmt-berüchtigten Ultra-Fans des FCB - der Südkurve und mit dem Spitznamen «Schickeria» - entdeckten den Juden Landauer wieder und erregten mit grossen Landauer-Transparenten im Stadion Aufsehen.