Die Witwe von Friedrich Dürrenmatt, Charlotte Kerr, prozessiert ab Dienstag vor der Pressekammer des Landgerichts Berlin gegen Hugo Loetscher. Der Zürcher Autor soll in einem literarischen Essay über Dürrenmatts Abdankung die Persönlichkeitsrechte von Kerr verletzt haben. Es geht um die seltsam wirkende Frage, ob der am 14. Dezember 1990 verstorbene Dürrenmatt mit gefalteten Händen aufgebahrt worden sei. Zudem behauptet Loetscher, auf Dürrenmatts Nachttisch habe ein Buch von Stephen King gelegen. Diese zwei und viele weitere Details, die Kerr in Abrede stellt, erwähnt Loetscher in seinem Aufsatz «Labyrinthische Erinnerungen».
Nachzulesen ist der inkriminierte Text in der 2003 erschienenen Prosasammlung «Lesen statt klettern. Aufsätze zur literarischen Schweiz». Bei der Klage geht es ausserdem um den Inhalt eines Telefongesprächs, um Kerrs Verhalten auf der Trauerfeier und um den genauen Ablauf der Abdankung und des Leichenschmauses. Loetscher soll nach Kerrs Willen in weiteren Auflagen seines Buchs diese angeblich unwahren Behauptungen unterlassen. Viel dürfte das nicht bringen: Die 10 000 Exemplare der Erstauflage sind nach Auskunft des Diogenes-Verlags so gut wie verkauft.
Montag
04.04.2005