Über «Zeitungsjournalismus im Internet-Zeitalter - Content-Lieferant oder mehr?» sprach die Kommunikationswissenschaftlerin Claudia Mast von der Universität Hohenheim Stuttgart an der Dreikönigstagung und stellte ihrem Beitrag ein ziemlich aktuelles Zitat von Michael Ringier voran: «Zeitungen können ihren Platz nur halten, wenn sie das tun, was die anderen nicht können - Hintergründe erklären, Sachverhalte ordnen und Zusammenhänge darstellen.»
Zum Stichwort «Aufmerksamkeit» und zum jeweiligen Medienanteil am Medienzeit-Budget 2005 erläuterte die Fachfrau die Schwierigkeiten der Printmedien. Diese landen im Vergleich zu Radio, TV und Internet auf den hinteren Plätzen: «Tageszeitungen mit 5 Prozent, Zeitschriften mit 2 und Bücher mit 4 Prozent». Die tägliche Nutzungsdauer, so Mast, sei jedoch über die letzten Jahrzehnte auch beim Print «ziemlich konstant geblieben». Für die Aufbereitung von Inhalten im Journalismus seien heute «andere Denkmodelle notwendig». Haben früher Journalistinnen und Journalisten für «ihr Medium oder den Titel gedacht oder sich bisweilen gar damit identifiziert», stehe heute «Thema oder Story im Vordergrund, je nach Zielgruppe, jedenfalls unabhängig vom Medium», stellte die Referentin fest.
Im Fachbereich Kommunikationswissenschaft und Journalistik der schwäbischen Universität hat Claudia Mast eine Untersuchung mit Chefredaktoren von deutschen Zeitungen durchgeführt. Die gleichen Fragen zu den «Problemen der Tageszeitungen» waren den Titelverantwortlichen bereits 2002 erstmals vorgelegt worden. Durch die zweite Befragung 2006 ergaben sich daraus interessante Vergleichswerte. Haben fast alle Befragten vorher das «schwierige konjunkturelle Umfeld» für die Zeitungsmisere verantwortlich gemacht und andere Faktoren unterschätzt, werden nunmehr «verändertes Nutzungsverhalten», «Anzeigenverlagerung» und die «Konkurrenz durchs Internet» als Hauptgründe genannt. Aus veränderten Problemeinschätzungen ergeben sich für die Wissenschaftlerin auch andere Lösungsstrategien. Dabei halten die Chefredaktoren weiterhin an bisherigen Prinzipien (wie «öffentliche Aufgabe») und Qualitätsstandards («Beibehaltung politischer Themen») fest. Als Kernkompetenzen gedruckter Zeitungen sieht Mast vornehmlich die «Orientierung und Erklärung des Welt- bis regionalen Geschehens». Beim Ringen um Aufmerksamkeit ist für die Medienforscherin auch eine «tägliche Überraschung» notwendig.
Zum Schluss ihres Beitrags stellte Claudia Mast zwei aktuelle Zitate - quasi als Mahnung an die versammelten Verleger und die Zunft - einander gegenüber: «Ein Journalismus, der bloss noch zur Generierung oder vielleicht Tarnung von Werbebotschaften dient, hat sich selbst aufgegeben», meinte unlängst der deutsche Bundespräsident Horst Köhler zum Ärgernis der Branche. Michael Ringier ist davon nicht weit entfernt, wenn er sagt: «Wissen und Denken gibt es nicht umsonst, Schreiben und Senden auch nicht. Guter Journalismus kostet Geld.»
Dienstag
09.01.2007